: Roma-Demo gegen Fischer
Knapp 500 Roma aus NRW wollten der Grünen-Bundesdelegiertenkonferenz einen Protestbesuch abstatten – zur Not zu Fuß. 40.000 Roma sind von Abschiebung bedroht
500 Roma wollten sich gestern von der nordrheinwestfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf auf den Weg nach Bremen machen. Ihr Ziel: Ein Protestbesuch bei der grünen Bundesdelegiertenkonferenz, die heute an der Weser tagt. Die Roma erklären, der grüne Außenminister Joschka Fischer sei mitverantwortlich dafür, dass 40.000 in Deutschland lebende Angehörige ihrer Volksgruppe nach Jugoslawien abgeschoben werden sollen.
Die 500 Protestierenden leben in Düsseldorf seit Juni in einem Camp – als Dauermahnwache gegen die drohende Abschiebung. Gestern morgen machte die Düsseldorfer Polizei den Reisewilligen einen Strich durch die Rechnung: Die geduldeten Flüchtlinge würden gegen die im Asylverfahrensgesetz verankerte Residenzpflicht verstoßen, erklärte der Düsseldorfer Polizeisprecher André Hartwich. Also stoppte die Polizei die gecharterten Busse.
So machten sich hunderte von Roma zu Fuß auf einen Protestmarsch von Düsseldorf Richtung Bremen. Roma-Sprecher Dzoni Sichelschmidt und acht andere fuhren mit dem Auto los, um noch vor Ende der Grünenkonferenz am Samstagmittag jemanden zu erreichen.
In Bremen angekommen, begrüßten sie etwa 50 DemonstrantInnen von der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen. Die Flüchtlingsinitiative unterstützt die Roma in ihrem Kampf ums Bleiberecht. Markus Saxinger von der Initiative sagte, in Jugoslawien erwarte die Abgeschobenen Obdachlosigkeit und Hunger. Die Lebenserwartung der Roma liege dortbei nur 40 Jahren. Roma-Sprecher Sichelschmidt ergänzte, am Donnerstag sei in Belgrad eine weitere Roma-Siedlung „dem Erdboden gleich gemacht“ worden.
Erstaunlich auch das Verhalten der Polizei in NRW: Laut Saxinger meldeten Düsseldorfer Roma im September in Berlin eine Demonstration an. Die Berliner Polizei faxte die Bestätigung dafür an ihre KollegInnennach Düsseldorf, die dieses Papier den ProtestcampbewohnerInnen weiter gab. Viele von ihnen fuhren unbehelligt nach Berlin. Polizeisprecher Hartwich kann sich das nicht erklären: „Das müssen andere gewesen sein. Unsere sind doch hier bei ihrer Mahnwache.“
Sichelschmidt durfte gestern abend in Bremen zwar nicht vor dem Plenum der Grünen sprechen, Claudia Roth und Marieluise Beck sagten aber eine Unterredung zu. ube
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