: Hilsberg will nicht mit Stolpe arbeiten
Bisheriger Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium erneuert Stasivorwürfe. Lengsfeld: Komm doch zur CDU
POTSDAM taz/dpa ■ Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Stephan Hilsberg (SPD), lehnt eine Zusammenarbeit mit dem designierten Bau-, Verkehrs- und Aufbau-Ost-Minister Manfred Stolpe (ebenfalls SPD) ab. Das habe er dem Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Franz Müntefering, „auf Nachfrage zu verstehen gegeben“, sagte Hilsberg im ORB-Fernsehen.
Zugleich bekräftigte Hilsberg seine Stasivorwürfe gegen den neuen Minister. Stolpe habe „die Stasi auch genutzt, vor allem um seine eigene zentrale Stellung in der Kirche massiv aufzubessern“. Für die Demokratie sei die Berufung Stolpes ein schlechtes Signal. Hilsberg, der in der Personaldebatte der rot-grünen Koalition selbst als Kandidat für das Ministeramt genannt worden war, hatte nach der Berufung des früheren brandenburgischen Ministerpräsidenten erklärt, damit sitze „die Firma“, also die Staatssicherheit, erstmals mit am Kabinettstisch. Der Leipziger Volkszeitung sagte Hilsberg: „Stolpe darf nicht Bundesminister werden.“ Er appellierte an Bundeskanzler Gerhard Schröder, sich die Entscheidung noch einmal zu überlegen.
Die Brandenburger SPD reagierte empört auf die Äußerungen ihres Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl. Landesgeschäftsführer Klaus Ness sagte: „Man kann von ihm verlangen, dass er sich entschuldigt.“ Die Jusos forderten Hilsberg auf, alle Ämter und Mandate niederzulegen. Auch Stolpe äußerte sich verärgert. „Mir fehlt jedes Verständnis für diese Verunglimpfungen“, sagte der neue Superminister für den Osten. Hilsberg wisse genau, dass die Stasivorwürfe gegen ihn „ausgeräumt und geklärt wurden“.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld dagegen unterstützte Hilsberg. „Er weiß, wovon er spricht“, sagte sie der dpa. Sie selbst habe Stolpe zu DDR-Zeiten als jemanden erlebt, „der im Sinne der Stasi gearbeitet hat“, so Lengsfeld. Zugleich ermunterte sie Hilsberg – wie sie früher DDR-Bürgerrechtler –, zum Übertritt in die CDU. „Bei den knappen Mehrheiten im Bundestag können wir jede Verstärkung gebrauchen“, sagte Lengsfeld, die 1996 als gewählte Abgeordnete von Bündnis90/Grünen zur Union gewechselt war. „Bevor Herr Hilsberg sein Mandat niederlegt, weil er frustriert ist über die Reaktion in der Sozialdemokratie, sollte er besser zu uns kommen.“
Der heute 46-jährige Hilsberg gehörte 1989 zu den Gründungsmitgliedern der Ost-SPD. Seit zwölf Jahren sitzt er im Bundestag. Schon 1992 sorgte er für Schlagzeilen, als er Stolpe aufforderte, das Amt des Regierungschefs bis zur Klärung der Stasivorwürfe ruhen zu lassen.
Hintergrund der Auseinandersetzung sind die Gespräche, die Stolpe zu DDR-Zeiten als Kirchenfunktionär mit der Stasi führte. Ein Untersuchungsausschuss des Potsdamer Landtages und die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg hatten ihn aber Mitte der 90er-Jahre entlastet. Die Kirche befand zwar, dass Stolpes Kontakte mit der Stasi „ihrer Art und ihres Umfangs“ nach nicht mit seinen Pflichten und Aufgaben als Kirchenbeamter im Einklang standen. Stolpe sei aber ein Mann der Kirche, nicht des MfS gewesen. LKW
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen