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Kommunikation nach Scharfschützenart

Während die Polizei Washingtons Serienmörder bittet, sie noch einmal anzurufen, wird eine 10. Person erschossen

WASHINGTON taz ■ Der Washingtoner Heckenschütze verkürzt wieder die Abstände zwischen einzelnen Attacken. Gestern früh gegen sechs Uhr morgens wurde im Norden Washingtons einem Mann auf der Treppe eines Linienbusses in die Brust geschossen. Der Busfahrer erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Ob es der gleiche Schütze ist, der seit dem 2. Oktober bereits neun Menschen getötet und drei weitere verletzt hat, war zunächst unklar. Die Untersuchung der Kugel sollte Aufschluss geben.

Dabei hatten die Menschen im Großraum Washington am Montag für kurze Zeit aufgeatmet. Das Ende der Mordserie schien nahe, nachdem die Polizei zwei Verdächtige festgenommen hatte. Doch die Hoffnungen auf den Fahndungsdurchbruch zerschlugen sich am Nachmittag, als die Ermittler mitteilten, dass die Männer mit den Morden überhaupt nichts zu tun hatten.

Tatsächlich hatten der 24-jährige Mexikaner und ein 34-jähriger Guatemalteke einfach Pech. Die beiden waren in der Nähe des Ortes in Virginia aufgegriffen worden, wo der „Sniper“ am Samstag einen Mann durch einen Bauchschuss schwer verletzt hatte. Einer der Festgenommenen hatte zuvor ein öffentliches Telefon benutzt, von dem aus der Serienmörder ebenfalls telefoniert haben soll. Zudem fuhr er einen weißen Minivan – ein schwerwiegendes Verdachtsmoment, nachdem sich hartnäckig, obwohl völlig unbewiesen, das Gerücht hält, der Todesschütze hätte aus einem weißen Kleinlaster operiert. Für die Männer aus Zentralamerika, die nach Angaben der Polizei illegal in den USA leben, dürfte diese Episode mit der Abschiebung in ihre Heimat enden. Sie wurden der Einwanderungsbehörde übergeben.

Die Suche nach dem Serienmörder wird unterdessen immer verwirrender. Mehrfach trat Chefermittler Charles Moose vor die Kameras, um mit Hilfe der Medien Kontakt zu dem mysteriösen Phantomkiller aufzunehmen. Moose berichtete, die Polizei habe einen Anruf erhalten, der wahrscheinlich von dem Heckenschützen stamme. „Die Person, die Sie angerufen haben, konnte nicht alles verstehen, was Sie gesagt haben“, wandte er sich an den Unbekannten. „Rufen Sie uns zurück, damit wir Sie deutlich verstehen.“

Welchen Kontakt es genau zwischen Polizei und Serienkiller gegeben hat, bleibt nebulös. Mehrere TV-Sender berichteten, die Ermittler hätten nach dem letzten Anschlag einen Anruf erhalten, in dem eine unbekannte Stimme mit ausländischem Akzent einen Hinweis auf ein Schreiben am Tatort gegeben haben soll. Der Anrufer habe dabei einen Stimmenverzerrer benutzt. Die Polizei konnte seltsamerweise nicht den genauen Ursprungssort des Anrufs, sondern nur eine bestimmte Region lokalisieren und überwachte dort fortan die Telefonzellen, als der Mexikaner ausgerechnet hier mit seinem weißen Laster vorfuhr. In Tatortnähe habe die Polizei dann tatsächlich einen handgeschriebenen Brief gefunden, und man zweifelt nicht daran, dass diese Notiz vom gesuchten Mörder stammt. Welchen Inhalt sie hatte, bleibt geheim.

So manche Beobachter zweifeln derweilen an den Fahndungsmethoden der Sonderkommission. Auch wird Kritik laut, der Medienrummel behindere eher die Arbeit der Ermittler. So könnten die detaillierten Informationen über die seit einigen Tagen stattfindenden Aufklärungsflüge durch das US-Militär dazu geführt haben, dass der Mörder seinen Aktionsradius ungewöhnlich weit ausgedehnt hat. Das Attentat vom Samstag geschah 120 Kilometer südlich von Washington. Aus Angst vor weiteren Anschlägen blieben in der betroffenden Region die Schulen geschlossen. 200.000 Schüler durften zu Hause bleiben und konnten den ganzen Tag im Fernsehen die Jagd nach dem „Sniper“ gucken. MICHAEL STRECK

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