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Megawatis schwierigster Test

Der Umgang mit den Bombenanschlägen von Bali dürfte über die politische Zukunft der zaudernden indonesischen Präsidentin entscheiden. Dass die größten Muslimorganisationen ihr Antiterrordekret mittragen, verschafft ihr zunächst eine Atempause

aus Bangkok NICOLA GLASS

Die Bombenanschläge in Bali sind ein böser Weckruf für Indonesiens Präsidentin Megawati. Immer noch treten die Ermittlungen auf der Stelle. Es gibt Verdächtige, aber keine Beweise. Am vergangenen Samstag hatte die Polizei den von Australien und den USA beschuldigten muslimischen Prediger Abu Bakar Bashir, den mutmaßlichen Führer der Islamistengruppe „Jemaaah Islamiyah“ (JI), noch auf dem Krankenbett unter Arrest gestellt, offiziell wegen mutmaßlicher Verbindungen zu früheren Anschlägen. JI soll jetzt auf Initiative Washingtons und Canberras auf die UN-Liste internationaler Terrororganisationen gesetzt werden, was Megawati unterstützen will.

Bereits am vergangenen Freitag hatte die Regierung in Jakarta im Eilverfahren ein Antiterrordekret erlassen. Wurde ein entsprechendes Gesetz lange verschleppt, kam das Dekret jetzt auf internationalen Druck zustande. Immerhin aber tragen es die beiden größten Muslimorganisationen des Landes mit, die beide als moderat gelten. „Wir brauchen unter den jetzigen Bedingungen Vorschriften, um die Anstrengungen gegen den Terrorismus effektiver zu machen“, sagte Masduki Baidlowi, Vize-Generalsekretär der „Nahdlatul Ulama“. Mit 40 Millionen Mitgliedern ist sie die weltgrößte Muslimorganisation. Auch „Muhammadiyah“ mit 30 Millionen Mitgliedern stimmte zu.

Diese Rückendeckung ist Megawati wichtig. Innenpolitisch hat die Tochter des Staatsgründers Sukarno ohnehin einen schweren Stand. Kritiker halten sie für unfähig, durchgreifende Reformen anzugehen. Die jetzige schwere Krise gilt als Vertrauensfrage: Versagt Megawati, dürfte sie die Wahlen 2004 verlieren. Seit ihrer Amtsübernahme im Juli 2001 ist sie bemüht, nirgendwo anzuecken, um nicht den Unmut des Militärs oder von Islamisten heraufzubeschwören.

Dagegen gilt Megawatis Vize Hamzah Haz, Vorsitzender der muslimischen Partei PPP, als ausgebuffter Politprofi: einflussreich, ehrgeizig und mit guten Kontakten unter anderem zu Abu Bakar Bashir und zu Jafar Umar Thalib, dem Führer der radikal-antichristlichen „Laskar Jihad“-Gruppe. Beobachter vermuten, dass Hamzah jetzt schon um muslimische Wähler buhlt, schließlich gibt es eine Konkurrenz muslimischer Parteien.

Die Unterstützung der beiden muslimischen Massenorganisationen für Megawatis Antiterrordekret könnte jetzt den Widerstand vieler Muslime verringern. Denn solche Dekrete würden in Indonesien eigentlich als Angriff der USA auf den Islam weltweit angesehen, meint Sidney Jones von der „International Crisis Group“. Zugleich warnen muslimische Organisationen und Menschenrechtsaktivisten vor Missbrauch: Da Verdächtige jetzt aufgrund weniger Indizien für Monate inhaftiert werden können, bekommt das Militär wieder die Macht, die es mit der Demokratisierung verlor. Deshalb argwöhnen manche, dass Militärs an den Anschlägen beteiligt waren, um Megawati und die Demokratie zu erschüttern.

Die Armee wies Vorwürfe, der verwendete C 4-Sprengstoff stamme von ihr, zurück. Trotzdem wird bezweifelt, dass die schlecht ausgestatteten, unmotivierten und korrupten Sicherheitskräfte es mit einem Terrornetzwerk aufnehmen können. Anlass zur Hoffnung gibt, dass Jakarta der Beteiligung internationaler Ermittler zustimmte. Ob die Bali-Anschläge islamistische Tendenzen im Land schwächen, hängt nicht nur davon ab, wer die wirklichen Täter waren, sondern auch, wie sich Indonesiens Wirtschaft und die Lage im Nahen Osten entwickeln.

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