: Kauf this way
Powershoppen ist die avancierteste Form des Einkaufens, der vor allem in Japan gefrönt wird. Der Bildband „Powershop“ zeigt jetzt die dazugehörigen exklusiven Modetempel
High-End-Luxusgüter haben in Japan derzeit Hochkonjunktur. Das französische Modehaus Christian Dior verzeichnete allein von Januar bis März 2002 ein Wachstum von hundert Prozent. Ein vierstöckiges Dior-Glashochhaus des Architektenduos Kazuo Sejima und Ryue Nishizawa im elitären Ometesando-Modedistrikt in Tokio soll im Mai 2003 eröffnet werden. Kürzlich auf der Architektur-Biennale Next in Venedig ausgestellt, soll auf diese Art ein Stück Paris nach Japan transportiert werden, wo die Reisefreudigkeit seit „Ground Zero“ erheblich zurückgegangen ist. Louis Vitton und Hérmès werden folgen.
In der neuen japanischen Innenarchitektur steht längst nicht mehr allein das Logo oder die Ware im Vordergrund, die Inszenierung bestimmt den Raum. Carolien van Tilburg ziegt in ihrem Bildband „Powershop – New Japanese Retail Design“ eine exklusive Auswahl solcher Modetempel. Für die Einrichtungen der Herrenboutique NS Morioka verwenden Takao Katsuta & Kaoru Shimizu von Exit Glastrennwände – dekoriert mit echten Einschusslöchern, um ein „legeres Macho-Image zu kreieren.“ Dabei gingen sie nach ihrem „cemetery concept“ (Friedhofskonzept) vor: Unzählige Scheiben gingen zu Bruch, das optimale Muster zu schießen, bis die sorgsam beschädigten Glaswände endlich in Position waren. Die Idee war zuvor bei einer Modenschau für Number (N)ine ausprobiert worden und dient nun dem Shopping im Shoot-out-Ambiente.
Auch Masaro Ito (SEI), der Shops für Issey Miyake Men in Tokio, Osaka und Sendai entworfen hat, bevorzugt ein Ladendesign, das durch jahrelange Abnutzung markiert ist: „Leichte Abgewetzt- und Zerrissenheit gibt dem Interieur eine neue Dimension.“ Neben dem allgegenwärtigen Material Glas inszenierte er mal einen „Peep Shop“, mal ließ er sich vom Science-Fiction-Film „A Space Odyssey 2001“ inspirieren.
Selten wird das Produkt in den Vordergrund gestellt, und wenn, dann laufen die Schuhe auf einem endlosen Fließband im Stil der kaiten sushi (billige japanischen Restaurants, die ihre Speiseteller auf winzigen Fließbänder präsentieren) vorbei, wie die Turnschuhpaare bei Footsoldier in Tokio. Masamichi Katayama von Wonderwall lässt seine Schuhe dagegen als Objekte der Begierde auf einem überdimensionierten ovalen Edelstahlsockel schweben – nicht zum Anfassen, erst recht nicht zum Anprobieren und hinter Glas.
BETTINA ALLAMODA
Carolien van Tilburg: „Powershop – New Japanese Retail Design“. Birkhäuser + Frame, Zürich 2002, 65 €
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