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Im Kollektiv gegen die Krise

Genossenschaften sind robuster als Einzelkämpfer. Das zeigt sich seit der Wende in Ostdeutschland. Der Erfolg rührt vor allem daher, dass die Mitglieder im Beruf voll bei der Sache sind. Schwierig wird es, wenn dennoch Sparmaßnahmen nötig werden

von ANNETTE JENSEN

Wenn sie mit anderen Geschäftsführern aus ihrer Branche zusammensitzt, verspürt Cordula Krause oft ein Gefühl von Stolz. Die anderen klagen, dass öfters Geld in der Kasse fehlt. „So was kommt bei uns nicht vor“, sagt die 42-jährige Leiterin der Friseurgenossenschaft Pasewalk. Nullfluktuation hat sie unter den 30 Mitgliedern in den vergangenen Jahren verzeichnet; nur bei den Angestellten gibt es ab und zu einen Wechsel.

Dabei sind die Rahmenbedingungen alles andere als einfach. Die Zahl der Einwohner Pasewalks und damit der potenziell zu bearbeitenden Köpfe sinkt seit Jahren. Zugleich verzichten immer mehr Leute auf eine professionelle Haarbearbeitung. Wer einen schmalen Geldbeutel hat – und das sind viele in Mecklenburg-Vorpommern –, spart an einer solchen Verschönerung.

Dennoch ist es der Friseurgenossenschaft Pasewalk gelungen, den Umsatz seit Mitte der 90er-Jahre um ein Drittel zu steigern und die Kundenzahl zu halten. Warum? „Unsere Friseure sind gerne Friseure – und unsere Salons nicht nur Geldverdieninstitute“, meint Krause. Vielleicht sei es auch die solidarische Atmosphäre, die die Leute anziehe. Schließlich gehört das Unternehmen allen gemeinsam. Öfters fahren sie alle zusammen oder in kleineren Gruppen am Wochenende zur Fortbildung, erlernen Trendhaarschnitte und die neuesten Färbetechniken – und machen sich anschließend noch einen netten Abend. Die Genossinnen zahlen sich Tariflöhne – und eine Erfolgszulage.

2.700 PGHs (Produktionsgenossenschaften des Handwerks) existierten, als die DDR am Ende war. Nur 20 Prozent der Belegschaften entschieden sich, weiter als Genossenschaft zu arbeiten. Vor allem die westlichen Berater rieten damals von der Rechtsform ab. Doch tatsächlich haben sich gerade die Genossenschaften im Nachhinein als relativ robust erwiesen.

Die Bau-Möbel-Tischlerei e. G. Anklam hat heute acht Mitglieder. Nach der Pleite des Vorgängerbetriebs entschied sich eine Gruppe junger Kollegen bewusst für die Rechtsform Genossenschaft. „Ein Teil von dem hier gehört mir. Kein großer Chef profitiert davon, wenn ich arbeite“, begründet das Torsten Rauchmann, der gerade in der Werkstatt steht und die künftigen Fensterbänke einer Kaserne durch eine Maschine schiebt. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er beschlossen, dass er die Meisterprüfung machen wird. Freitagnachmittag fällt er nun regelmäßig im Betrieb aus; die Ausbildungsstunden am Samstag gehen auf Kosten seiner Freizeit. Persönlich profitiert er vom Meisterbrief nicht. „Jeder bei uns verdient das Gleiche; nur die Älteren bekommen ein paar Cent mehr“, berichtet Vorstandsvorsitzende Jeanette Schmechel.

Schwierig werden kollektive Entscheidungsstrukturen allerdings in Zeiten von Auftragsflauten, weiß Schmechel. „Davor habe ich Angst“, gesteht sie. Denn wie könnte ein für den Betrieb überlebensnotwendiger Personalabbau stattfinden, ohne die Grundlage des eigenen Unternehmens zu gefährden?

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