piwik no script img

Ende der Koketterie

Böse Zungen behaupten, dass Werner Entscheidung, nicht mehr als Chef des HSV anzutreten, der „Bild“-Zeitung mehr schadet als dem Verein

„Ich hänge sehr an dieser Arbeit und hätte sie auch gerne weiter gemacht“

von OKE GÖTTLICH

Werner Hackmann hat seinen eigenen Kopf. Und er hat ihn mal wieder durchgesetzt. Gegen sich selbst. Wie schon als SPD-Innensenator verabschiedete sich Hackmann von einem auf den anderen Tag von einer einflussreichen Position – diesmal als HSV-Vorstandschef.

Er selbst wollte bestimmen, wann und vor allem wie sein Engagement beim HSV enden sollte. Das wollte Hackmann in keinem Fall erst in der Winterpause und schon gar nicht von Gnaden des Aufsichtsrats, der ihn auf den Prüfstand stellen wollte, um dann über eine Vertragsverlängerung zu entscheiden. Selbst ist der Mann, dachte sich der entscheidungsfreudige HSV-Chef und nahm dem Aufsichtsrat ein Urteil über seine Arbeit nun ab. „Gerade in schwierigen Situationen muss man volles Vertrauen haben. Da ich keine erforderliche Mehrheit im Aufsichtsrat hatte, habe ich keine Alternative mehr gesehen“, erklärte Hackmann, der sein Büro schon in den kommenden Tagen räumen wird.

Die Gräben zwischen ihm und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats Udo Bandow waren schlicht zu tief geworden. Noch im Juli wollte der HSV-Vorsitzende seinen Vertrag nur verlängern, wenn Bandow seinen Rücktritt erklären würde, nachdem dieser den Abschuss des Hackmann-Intimus, Sportdirektor Holger Hieronymus, betrieben hatte, ohne den HSV-Chef davon zu unterrichten. Doch da unterschätzte Hackmann die Mehrheitsverhältnisse im Aufsichtsrat und musste einen Rückzieher machen.

Immer mehr Entscheidungen rüttelten zuletzt an dem Image des Mannes, der mit seinem Fußballunwissen immer zu kokettierten wusste. Dieses wurde ihm bei der blind abgenickten Verpflichtung des vier Millionen Euro teuren Argentiniers Cristian Ledesma, den angeblich niemand aus dem sportlichen Bereich haben wollte, zum Verhängnis. Es war jedoch nicht nur die mangelnde Fußballkompetenz, die viele Fans an Hackmann störte. Sowohl die Nachwuchsarbeit als auch das Suchen nach neuen Spielern waren beim HSV zuletzt so verstaubt wie die Erinnerungen an die früheren Erfolge des Vereins.

Romantiker unter den Fans nehmen Hackmann zudem noch immer den Verkauf der Namensrechte des ehemaligen Volksparkstadions an AOL krumm. Bei einem Treffen der Abteilung Fördernder Mitglieder wurde er neulich übel beschimpft, so dass er frühzeitig die Versammlung verließ. Als kürzlich erneut vertrauliche Verhandlungsinterna über die Vertragsverlängerung mit Stürmer Sergej Barbarez über die Bild-Zeitung veröffentlicht wurden, schmähten die Fans Hackmann auf einem Transparent als „Bild-Reporter“.

Hackmann hat die Entscheidung, aufzuhören, zwar selbst getroffen, leicht gefallen ist sie aber nicht: „Von Erleichterung kann keine Rede sein. Ich hänge sehr an dieser Arbeit und hätte sie gerne weiter gemacht. Man kann sich ja als Typ einschätzen, und ich weiß von mir selbst, dass ich mich noch lange damit schwer tun werde.“ Er scheint sich daran gewöhnt zu haben, den eigenen Kopf gegen sich selbst durchzusetzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen