DIE PDS WIRD AUCH KÜNFTIG SICH SELBST DER HÄRTESTE GEGNER SEIN: Entschlossen reformfrei
Die PDS sei selbst ihr härtester Gegner, war die selten einhellige Meinung der politischen Öffentlichkeit nach dem Parteitag von Gera. Wie steht die PDS also wirklich da, gute zwei Wochen nach der totalen Niederlage der Reformer in Gera?
Es gibt sie noch. Die Ankündigung von Gerhard Schröder, in Zukunft übernehme seine SPD die Aufgabe der PDS im Osten und die Klugen und die Jungen unter den Sozialisten dürften gerne mitmachen, hat sich als zu vollmundig erwiesen. Mag die PDS ihre Reformer auch noch so demütigen, zur SPD wechseln sie aus Treue oder Sentimentalität deswegen noch nicht. Schröders Vorhersage, eine neue Generation von SPD-Politikern werde den Osten repräsentieren und so die PDS überflüssig machen, bleibt Wunschvorstellung.
Denn die viel gerühmte Garde der jungen Ostpragmatiker scheint so stark doch nicht: Der Leipziger Bürgermeister Wolfgang Tiefensee weigerte sich, Schröders Ostpudel zu geben, und regiert lieber weiter im überschaubaren Zuhause. Selbst dort kassierte die andere Osthoffnung der SPD, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck, beinahe eine peinliche Niederlage. Am Sonntag musste Platzeck mit ansehen, wie die SPD um ein Haar die Potsdamer Bürgermeisterwahl verlor – gegen einen PDS-Kandidaten. Und auch für die Zukunft hat die PDS Chancen, sich als erster Anwalt für Ostinteressen und als soziales Gewissen zu profilieren: Bei der Umsetzung des Hartz-Konzepts können sich die PDS-Arbeitsminister aus Mecklenburg und Berlin trefflich als Konterpart zum technokratischen Super-Clement profilieren. Nach der verlorenen Bundestagswahl sind die Rahmenbedingungen für die Sozialisten schwierig. Völlig aussichtslos wäre die Lage für eine entschlossene Partei nicht.
Ist die PDS entschlossen? Der reformerfreie Vorstand bringt sich gerade mit einem peinlichen Überwachungsauftrag des stellvertretenden Parteivorsitzenden um den Rest seiner politischen Reputation. In Brandenburg zögert Lothar Bisky erneut als Fraktionsvorsitzender zu kandidieren, weil er zweifelt, ob seine Partei ihn noch stützt. Und an der Küste werden die Minister am Wochenende in geheimer Kampfkandidatur auf dem Parteitag gewählt. Für den Architekten der ersten rot-roten Koalition, Helmut Holter, hat es nicht einmal zu einer Empfehlung durch den Landesvorstand gereicht. Wer gestern die PDS in politische Verantwortung brachte, scheint heute in der Partei unter dem Generalverdacht des Opportunismus zu stehen. Die PDS scheint tatsächlich ihr härtester Gegner zu sein. ROBIN ALEXANDER
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