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Ein weiterer Falke in Scharons Kabinett

Der neue israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas steht für ein hartes Vorgehen gegen die Palästinenser

Schaul Mofas, der als israelischer Generalstabschef aggressive Militärmaßnahmen gegen die palästinensische Bevölkerung befürwortete und öffentlich zur Vertreibung von Palästinenserchef Jassir Arafat aufrief, ist als neuer Verteidigungsminister in Ariel Scharons Rechtsregierung vom nationalistischen Lager begeistert begrüßt worden. Die exzessive Militärgewalt in den Palästinensergebieten zur Niederschlagung der Al-Aksa-Intifada, die der neueste Bericht von amnesty international als „Kriegsverbrechen“ bezeichnet, geht auf sein Konto. Unter seinem Oberbefehl legten Kampfbomber palästinensische Ziele in Schutt und Asche, wurde mit palästinensischen Terrorverdächtigen durch Liquidierungen kurzer Prozess gemacht.

Schon vor seinem Ausscheiden aus der Armee im Juli wurde Mofas eine politische Karriere im Rechtslager prophezeit. Die folgt dem Ablegen der Uniform für manche Geschmäcker allzu rasch. Die Eile, mit der der frühere Armeechef einen politischen Posten anstrebte, gibt Anlass zu dem Verdacht, dass seine militärischen Entscheidungen von seinen persönlichen Plänen beeinflusst waren. Das öffnet der schleichenden Politisierung der Armee Tür und Tor.

Besorgnis über die Ernennung wurde vor allem bei Palästinensern und in den Resten des israelischen Friedenslagers laut. Nach dem Ausscheiden der Arbeitspartei aus der Regierung liegen Militärentscheidungen nun ausschließich in den Händen von Scharon, Mofas und Generalstabschef Mosche Jaalon, die den israelisch-palästinensischen Konflikt unisono zum Antiterrorkampf deklariert haben.

Das dürfte auch die US-Regierung beunruhigen, die am Ende ihrer als „Straßenkarte“ umschriebenen diplomatischen Bemühungen innerhalb von drei Jahren einen unabhängigen Palästinenserstaat anvisiert. Der neue Verteidigungsminister dürfte indes alle von seinem Vorgänger Benjamin Ben-Elieser unternommenen Versuche zum Abriss wilder Siedlungen bremsen und Siedlungsausbau ebenso unterstützen wie sein Regierungschef.

Im September nahm Mofas als Gast des Washingtoner Instituts für Nahostpolitik an einem Symposium teil, in dem er erneut betonte, dass Arafat deportiert werden sollte und dass es eine militärische Lösung für den Konflikt gebe. Zwar sprach er von der Bildung einer neuen palästinensischen Führung und der Unterzeichnung von Interimsabkommen über eine ausgedehnte Zeitspanne, ließ die Staatsidee jedoch unerwähnt.

Einen weiten Weg ist Mofas gegangen, seit er 1948 im Iran geboren wurde. Mit 9 Jahren kam er nach Israel und wuchs in einem Slumviertel in Eilat auf, wo er das Bett mit einem Bruder teilen musste. Der Familienbetrieb für persische Kunst ging Bankrott. Der 12-Jährige wurde in ein landwirtschaftliches Internat geschickt, wo er neben dem Unterricht in Kuhställen arbeitete.

Den größten Teil seiner Laufbahn verbrachte Mofas in der Fallschirmspringerbrigade, deren Oberbefehlshaber er 1986 wurde. Danach stieg er zum Kommandanten des Südabschnitts, zum Chef der militärischen Planungsabteilung und im Mai 1998 zum Generalstabschef auf. Den Mangel an politischer Erfahrung werde er rasch wettmachen, hoffen seine Anhänger. Es fragt sich, ob politische Verantwortung ihn auch mäßigt.

ANNE PONGER

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