piwik no script img

Experten: Rezession gut für Klimaschutz

Umwelt-Gesamtrechnung: Deutschlands Ziele beim Klimaschutz kaum noch zu erreichen. Trittin widerspricht

BERLIN taz ■ Die Klimaschutzziele Deutschlands sind nach Meinung von Experten gefährdet: Das nationale Ziel, bis 2005 insgesamt 25 Prozent weniger Klimagas Kohlendioxid CO2 als 1990 auszustoßen, sei „nicht mehr zu schaffen“, sagte gestern der Osnabrücker Volkswirtschaftsprofessor Bernd Meyer. Er stellte die Zukunftsprognose bei der diesjährigen „Umweltökonomischen Gesamtrechnung“ vor. Auch eine Reduzierung um 21 Prozent bis 2012, zu der sich Deutschland im Kioto-Protokoll verpflichtet hat, sei schwer umzusetzen. Das Bundesumweltministerium dagegen erklärte, Deutschland werde seine Ziele erreichen.

Seiner Negativprognose legt Meyer ein Weltwirtschaftswachstum von 5 Prozent im Jahr zugrunde. Das hieße: Der deutsche Export würde um 3 Pozent wachsen, die Menschen mehr konsumieren und die Wirtschaft mehr Abgase ausstoßen. Für Deutschland bedeutet dies, dass 38 Millionen Tonnen CO2 zu viel in die Luft geblasen würden. Laut Kioto muss Deutschland den Ausstoß von CO2 auf 830 Millionen Tonnen bis 2012 senken.

Nur bei einem für die Wirtschaft pessimistischen Szenario erreicht Deutschland die Klimaschutzziele. Dann dürfte laut Meyer die Weltwirtschaft aber nur um 1,6 Prozent im Jahr wachsen.

Allerdings räumt der Osnabrücker Wissenschaftler ein, er habe bei dieser Kalkulation verschiedene Faktoren nicht berücksichtigt. Dazu gehört die beschlossene Lkw-Maut, der geplante CO2-Emissions-Handel zwischen den europäischen Ländern sowie die mögliche weitere Verschärfung der Ökosteuer.

Der Widerspruch des Bundesumweltministers Jürgen Trittin (Grüne) folgte prompt. Es gebe „keinen Anlass zu der Befürchtung, Deutschland werde seine Klimaschutzverpflichtungen nicht erfüllen“. Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte der taz, die Rechnungen Meyers seien „unrealistisch“. Deutschland trennten vom Kioto-Ziel noch 2 Prozentpunkte. In den vergangenen vier Jahren sei der CO2-Ausstoß aber insgesamt um 3 Prozentpunkte gesunken. „Warum sollten wir die 2 Prozentpunkte bis 2012 nicht schaffen?“

MARIUS ZIPPE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen