UNO: Ehegattensplitting abschaffen!

In Sachen Frauenrechte hat die UNO Deutschland oft ermahnt. Auch neuer Regierungsbericht erfüllt nicht alle Wünsche

BERLIN taz ■ Im Vergleich zu Nigeria oder Indien, sollte man meinen, steht es mit Deutschlands Frauenrechten nicht so schlecht. Keine Witwenverbrennungen, keine Steinigungen, sogar Bildungschancen. Gibt es hier also Grund, Beanstandungen der UNO zu fürchten?

Ebenso wie Indien und Nigeria hat Deutschland die Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (Cedaw) unterschrieben und sich damit einem ständigen Überprüfungsprozess durch die UNO unterworfen. Aber siehe da: Trotz des vergleichsweise guten Leumunds erhielt Deutschland nach seinem letzten Bericht aus dem Jahr 1998 eine lange Liste zurück. In 27 Punkten liegt laut UNO in Deutschland etwas im Argen – mehr als in Nigeria. Inhaltlich allerdings unterscheiden sie sich erheblich: Während der Ausschuss Nigeria ermahnt, dass es die Konvention bitte mal zur Kenntnis nehmen und Anstalten machen soll, ihre Prinzipien umzusetzen, findet die Kritik an Deutschland auf höherem Niveau statt. Denn Ausgangspunkt sind der jeweils vorige Bericht und die Aufgaben, zu denen sich der Staat verpflichtet hat. Dem entsprechend werden alle Länder bewertet: Großbritannien etwa wird kritisiert, weil in Nordirland die Abtreibung illegal ist. Frankreich kommt relativ gut weg, weil es sich diskriminierender Gesetze weitgehend entledigt hat. Schweden wird als Modellland gepriesen.

Deutschland dagegen wird immer wieder gerügt, weil die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen europaweit die größten sind. Auch das Ehegattensplitting stößt bei der UNO auf Kritik: weil es das Hausfrauenstereotyp fortschreibt. Die skandinavischen Länder etwa kennen kein Splitting. Dort wird individuell besteuert.

Ebenso moniert der Ausschuss, dass es zwar Elternzeit gibt, die aber meist die Mutternimmt. Gefordert wird eine Erziehungszeit, die nur vom Vater genommen werden kann.

Die Bundesregierung hat auf diese Rügen nun in ihrem aktuellen Bericht geantwortet. Tatsächlich hat Rot-Grün einiges vorzuweisen. Auf 50 Seiten drängen sich die „Maßnahmen zur Verwirklichung der Gleichberechtigung“, u. a. das Gewaltschutzgesetz, das Prostitutionsgesetz oder die Öffnung der Bundeswehr für Frauen. All das hatte die UNO angemahnt. Die Projekte zum Gender Mainstreaming sind ebenso akribisch aufgelistet wie jede einzelne Tagung, etwa zum Thema „Wechseljahre aus multidisziplinärer Sicht“.

Dennoch, einige Kritikpunkte des Ausschusses werden bestehen bleiben: Die Abschaffung des Ehegattensplittings etwa ist gerade gescheitert, von Elternzeit nur für Väter will das SPD-Frauenministerium auch nichts wissen. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, die für die Väterzeit und die Abschaffung des Splittings ficht, sieht sich bestätigt. „Der Ausschuss gibt uns Rückenwind“, so Schewe-Gerigk zur taz. Mit seinen Empfehlungen im Hintergrund, so meint sie, werden das umstrittene Ehesteuermodell und ähnliche ungeliebte Projekte nicht so schnell von der Tagesordnung verschwinden. HEIDE OESTREICH