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geläufig Katholisch und kleinbürgerlich

„Sie war sicher nicht von Anfang an NS-Ideologin, aber sie hat sich eingefunden, angepasst. Im Rahmen dieser Ideologie war es ja in Ordnung, ein uneheliches Kind zu bekommen. Auf der einen Seite war es für sie schön, schwanger zu sein, auf der anderen Seite hatte sie Angst vor ihrer Familie, die gut katholisch und kleinbürgerlich war. Da war es unmöglich, ein uneheliches Kind zu bekommen.“ Das schreibt die Autorin Gisela Heidenreich (Foto) über ihre Mutter, doch es handelt sich hier nicht um eine deutsche Geschichte à la Martin Walser. Ihre Mutter sei ihre Tante, so wurde der kleinen Gisela lange Zeit vorgegaukelt. Dann, als ihr klar war, dass sie keine Waise war, wurde ihr erzählt, der Vater sei im Krieg gefallen. Bis dahin klingt die Geschichte wie eine typische 68er-Generationengeschichte, doch traf es Gisela Heidenreich noch härter als andere Kinder von Nazi-Eltern: ihre Mutter gebar sie in dem besonders „arischen“ Stockholm in einem der seit 1935 auf Befehl Himmlers betriebenen „Lebensborn“-Häuser, in denen die „nordische Rasse“ vervollkommnet werden sollte. Und nicht nur das: ihre Mutter war in Himmlers Organisation tätig und ebenso ihr Vater, ein SS-Mann aus Bad Tölz. Gisela Heidenreich konnte ihre Erfahrungen mit ihren Eltern erst spät verarbeiten. In ihrem Buch „Das endlose Jahr“, aus dem Heidenreich heute vorliest, hat sie sie niedergeschrieben. Anschließend wird sie im Gespräch mit Gisela Lerch auch noch einmal erläutern, wie man sich fühlt, wenn man sich langsam an eine solche Verwandtschaft herantasten muss. SUN

Literaturhaus, 20 Uhr

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