: Schulstress schon ab fünfeinhalb
Rot-rotes Schulgesetz: Kinder früher einschulen. Leistungsgruppen in Grundschulen nicht Pflicht, kein Recht auf Unterricht in Muttersprache. Religion bleibt umstritten
Das neue Schulgesetz ist einen Schritt weiter. Gestern haben die Fraktionen von SPD und PDS ihre Beratungen abgeschlossen und zahlreiche Streitpunkte aus dem Weg geräumt: So wird die Schulpflicht vorverlegt. Sie soll auch für Kinder gelten, die bei Schulanfang noch keine sechs Jahre alt sind, es aber bis zum 31. Dezember werden. Bislang liegt der Stichtag beim 30. Juni. Damit sind SPD und PDS einverstanden.
Durchgesetzt hat sich die PDS bei der so genannten äußeren Leistungsdifferenzierung. Anders als von Bildungssenator Klaus Böger (SPD) und seiner Fraktion favorisiert, soll es keine Pflicht zu Leistungsgruppen in der fünften und sechsten Klasse geben. Im Gegenzug wird kein Rechtsanspruch auf muttersprachlichen Unterricht eingeführt, das Probehalbjahr in der siebten Klasse bleibt bestehen. Das sind Zugeständnisse der PDS. Die Einigungen bestätigten Fachpolitikerinnen beider Fraktionen der taz. Dem Vernehmen nach soll es auch eine Übereinkunft zur Abschaffung der Vorklassen an Grundschulen geben.
Die letzten Knackpunkte sollen jetzt in einem Spitzengespräch zwischen Böger, den Fraktionschefs und den Bildungspolitikerinnen in der kommenden Woche geklärt werden. Entscheidend dabei: die gymnasiale Oberstufe und der Religionsunterricht. Der Gesetzentwurf soll noch vor Weihnachten ins Parlament eingebracht werden und zum kommenden Schuljahr in Kraft treten.
Sowohl Felicitas Tesch, die bildungspolitische Sprecherin der SPD, als auch ihre Kollegin von der PDS, Siglinde Schaub, sahen den Gesetzentwurf gestern auf einem guten Weg. Die PDS-Fraktion wollte sich am Nachmittag noch mit dem Verhandlungsstand beschäftigen, ein Meinungsbild lag bis zum Redaktionsschluss nicht vor. Ganz einfach düfte die Sitzung für Schaub nicht gewesen sein. Während der Verhandlungen hatte sie gefordert, das neue Schulgesetz müsse „Auslesemechanismen verringern, Chancengleichheit herstellen“. Mit grundsätzlichen Reformen wie einer Abschaffung des Sitzenbleibens konnte sie sich aber nicht durchsetzen.
Umstritten ist nach wie vor die Neuregelung der gymnasialen Oberstufe. Zwar können beide einer Schulzeitverkürzung auf zwölfeinhalb Jahre und der Einführung des Zentralabiturs zustimmen, wie diese aber genau aussehen sollen, ist noch unklar. So will die PDS einen großen Teil der Abiturprüfungen den einzelnen Schulen überlassen. Beide Fraktionen wollen beim Thema Religionsunterricht ein bekenntnisneutrales Fach wie in Brandenburg einführen. Umstritten ist aber, ob es wie in Brandenburg die Möglichkeit geben wird, sich von dem neuen Fach beurlauben zu lassen, um nur am Unterricht der Kirchen oder des Humanistischen Verbandes teilzunehmen. Das lehnt die PDS ab. SABINE AM ORDE
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