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DER UN-PLAN ZUM ZYPERNKONFLIKT IST EINE EINMALIGE CHANCEEuropa ist am Zug

Der Plan der Vereinten Nationen zur Überwindung der Teilung Zyperns bietet mehr als nur eine Friedenschance für die 900.000 Zyprioten. An ihm hängt auch das Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei. Kofi Annans großer Wurf könnte das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Ankara auf eine neue Basis stellen. Und ein einiges Zypern würde schließlich auch den Europäern ihre Sorgen vor dem Import eines neuen Konflikts im äußersten Südosten der Gemeinschaft nehmen.

Diese Chance ist einmalig, und nicht nur Politiker werden ihr lange nachtrauern, sollte der Weg zum Ausgleich verpasst werden. Die beiden greisen Zyprioten Klerides und Denktasch haben die Gelegenheit, ihr Lebenswerk zu krönen, bevor noch nationalistischere Nachfolger ans Ruder kommen. Mit dem Sieg der AK-Partei von Tayyip Erdogan besteht zudem die Möglichkeit, dass sich die Türkei endlich von ihren lange gehegten und unrealistischen Maximalforderungen nach einem „unabhängigen“ Nordzypern unter Ankaras Fuchtel verabschiedet. Und schließlich setzt die bevorstehende Mitgliedschaft Zyperns in der Europäischen Union alle Seiten unter Druck, eine Lösung nicht wieder zu zerreden. Die Zeit läuft in genau dreißig Tagen ab.

An Europa liegt es nun, mit einem großzügigen Angebot der Türkei zu deren eigenem Wohle zu verhelfen und selbst langfristig den Frieden zu sichern. In exakt einem Monat muss nicht nur die Basis zur Lösung des Zypernkonflikts gefunden sein. Zum selben Datum erwartet auch Ankara auf dem EU-Gipfel in Kopenhagen die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches: ein Datum für den Beginn von Verhandlungen zur Mitgliedschaft. Es wäre dies nicht nur ein Signal, dass sich türkische Kompromissbereitschaft und Rechtsstaatlichkeit im Falle Zyperns wirklich auszahlen. Damit könnten auch die europakritischen Kräfte in Anatolien überzeugt werden. Und schließlich böte die langfristige Integration der Türkei in Europa eine nachhaltige Möglichkeit zur Überwindung des jahrzehntealten und längst anachronistisch gewordenen Konflikts im Dreieck zwischen Athen, Ankara und Nikosia. KLAUS HILLENBRAND

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