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„Die lügen sich etwas in die Tasche“

Innensenator Ehrhart Körting (SPD), Verhandlungsführer des Senats bei den gescheiterten Solidarpaktgesprächen, hält das neue Angebot der Gewerkschaften für nicht ausreichend und unrealistisch. Reden will er trotzdem darüber

taz: „Unsere Hand bleibt ausgestreckt“, hat der Senat in den vergangenen Wochen gebetsmühlenartig verkündet. Greift die Hand jetzt bei diesem Gewerkschaftsangebot zu?

Ehrhart Körting: Das möchte ich gerne im Detail beantworten. Nehmen Sie die Forderung nach mehr Teilzeitarbeit. Da lügen sich die Gewerkschaften schlicht etwas in die Tasche, wenn sie meinen, auf diesem Weg 250 Millionen Euro einsparen zu können.

Wieso?

Weil wir die Teilzeitquote seit 1993 bereits von 12,8 auf 17,1 Prozent gesteigert haben. Das heißt, dass schon mehr als jeder Sechste nicht mehr voll arbeitet. Diese Quote kann ich vielleicht noch auf 18 oder 18,5 Prozent anheben, aber dann sind die Möglichkeiten ausgeschöpft. Darüber waren wir uns auch schon in einer Arbeitsgruppe von Senat und Gewerkschaften einig. Es überrascht mich daher, diesen Vorschlag jetzt wieder vor mir zu sehen.

Wenig können Sie aber gegen die Anregung einwenden, mit flacheren Hierarchien Geld zu sparen.

Im Zuge der Verwaltungsreform und der Polizeistrukturreform machen wir das doch. Das führt aber nicht automatisch dazu, dass jetzt Stellen wegfallen und Geld in der Kasse bleibt. Das ist nur Zukunftsmusik. Wir müssen aber kurzfristig sparen.

Als dritten Punkt rechnen die Gewerkschaften vor, dass sich 30 Millionen Euro mit einem Beförderungsstopp einsparen lassen.

Ich halte einen Verzicht auf Beförderungen und eine Nivellierung der Gehälter nicht für sinnvoll. Die Mitarbeiter motiviert es, wenn sie sich durch Leistung verbessern können. Wenn diese Möglichkeit wegfällt, führt das zu einer weniger effektiven Verwaltung.

Das waren drei Einzelbetrachtungen. Wie lautet Ihre Gesamtbewertung?

Ein interessanter Vorschlag, die Hand bleibt ausgestreckt …

greift aber nicht zu.

Ich bin bereit, über alles zu reden – aber das, was die Gewerkschaften hier vorgelegt haben, ist zu wenig.

Was heißt das für die vom Senat teils schon beschlossenen, teils angekündigten einseitigen Maßnahmen als Ersatz für einen Solidarpakt?

Das heißt, dass wir alles, was wir angeleiert haben, weiter laufen lassen.

Also weiter Funkstille zwischen Senat und Gewerkschaft?

Nein, denn parallel dazu sind wir bereit, mit den Gewerkschaften über ihre Vorschläge zu reden. Wenn sich daraus Einsparungen ergeben, ließen sich die einseitigen Maßnahmen in Teilen reduzieren. Eine komplette Rücknahme ist mit den jetzigen Vorschlägen nicht möglich.

Wann gibt es ein Gespräch? Müssen die Gewerkschaften sich bei Ihnen melden oder machen Sie den ersten Schritt?

Ich erwarte jetzt keine geschriebene Einladung auf dem Silbertablett, ich werde auf die Gewerkschaften zugehen und ein Treffen anbieten.

Für wann?

Das kann ich jetzt nicht sagen. Dazu müssen wir uns erst senatsintern abstimmen. INTERVIEW: STEFAN ALBERTI

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