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Schiffskörper zu Gesichtern

Die Galerie Beim Steinernen Kreuz zeigt in der Ausstellung „Selbstportrait als Lampenladen“ aktuelle Arbeiten des Bremer Künstlers Norbert Schwontkowski

Jedes seiner Bilder, meint der 1949 in Bremen-Blumenthal geborene Maler Norbert Schwontkowski, sei eigentlich ein Selbstportrait. Daher auch der Titel der Werkschau, die derzeit in der Galerie Beim Steinernen Kreuz Arbeiten aus den letzten vier Jahren zeigt: „Selbstpotrait als Lampenladen“. Und nicht etwa mit Lampenladen. Oder im. Folgerichtig ist der Künstler selbst auf den Bildern auch nicht zu sehen. Jedenfalls nicht als Person.

Und doch ist er drin. Im Bilde sozusagen. Als Idee. Gezeigt wird ein gewohnter genauso wie ein neuer Schwontkowski. Zusammenschau als Selbstportrait. Was taucht wieder auf? Was kommt dazu? Das Bild „Some of my colours“ ist hier programmatisch: Eine erdig daliegende Horizontlinie, ein Quadrat in greller Pinkvariante, ein schwerfälliger dunkler Kreis. Und alles auf schmutzig-weiß grundierter Leinwand. Elemente, die sich – in schier endlosen Variationen – in fast allen Arbeiten auffinden lassen.

„Some of my colours“ ist eine Mitteilung zum Stand der Dinge. Schwontkowski versteckt sich im „my“ des Titels. Seine Arbeiten erscheinen als sich unablässig fortbewegendes Versteck-Spiel. Der Künstler ist ständig anwesend. In der Ironie, mit der die Titel den Bildern einen anderen Dreh geben. Auf „Nie werde ich dich verlassen“ etwa ist zunächst ein vertäutes Boot zu sehen. Auf den zweiten Blick erkennt man, dass ein großer, grauer Schiffskörper den Hintergrund bildet. Durch eine Strickleiter ist er mit dem nun verschwindend kleinen Boot verbunden. Und schließlich meint man, in der Anordnung von Tauen, Bullaugen und Holzlatten ein Gesicht zu erkennen. „Nie werde ich dich verlassen“.

Sanft biegen sich Wasserrohre, Vogelhälse und Lampen. Menschen und Gegenstände zeigen die Bilder oft nur halb und als Spiegelungen im Wasser. Hier kommt der Selbstportrait-Gedanke wieder zum Tragen. Wie hier der Horizont als Grund- und Orientierungslinie ein ums andere Mal ‚ausgesetzt‘ wird, auch in der Leichtigkeit, mit der hier Schwer- und Fliehkräfte überwunden werden, zeigt sich des Künstlers Sicht der Dinge. Aus Dingen werden Geschichten. Was man beim flüchtigen ersten Blick zu wissen glaubt, wird bei genauer Betrachtung in Frage gestellt.

Dass Schwontkowski als Malposition stets den schmalen Grad zwischen feiner bis brachialer Ironie einerseits und tiefer Ernsthaftigkeit andererseits wählt, tut für‘s Seh- und Lesevergnügen ein Übriges. So ‚erklärt‘ er die „Erfindung der Kalligraphie“ wie folgt: Einer hält eine Angel aus dem Boot. Wo die Schnur auf das Wasser trifft, entstehen Kreise. Kreise, die sich wiederholen, und – zu Schriftzeichen werden. Tim Schomacker

noch bis zum 22. Dezember in der Galerie Beim Steinernen Kreuz. Öffnungszeiten: Mittwoch - Freitag 14-19 Uhr, Samstag 10-14 Uhr und nach Vereinbarung unter ☎ 0421- 70 15 15

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