piwik no script img

Der große Bananenhandel

Peter Strieder (SPD) setzt im Senat ein gigantisches Einkaufszentrum am Rand des Alex durch. Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) stimmt trotz vorheriger Kritik zu

Noch bevor am Alexanderplatz die geplanten zehn Wolkenkratzer stehen, will Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) im Südosten des Platzes eines der größten Einkaufszentren Berlins bauen lassen. Ein weltweit tätiges portugiesisches Unternehmen soll auf der so genannten Banane zwischen 2004 und 2009 ein 150 Meter hohes Turmhochhaus samt einem bis zu 32 Meter hohen Gebäudezug hochziehen. Erste Pflöcke dazu hat der Senat gestern eingeschlagen – einschließlich Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS), einem Kritiker des Projekts. Der Bezirk Mitte ist durch den Senatsbeschluss nicht mehr an der Planung beteiligt, der endgültige Bebauungsplan soll frühestens 2004 beschlossen sein.

Strieder, der die Gesamtkosten und die Zahl möglicher neuer Arbeitsplätze nicht beziffern mochte, sprach von einer „Initialzündung für die Aufwertung des Alexanderplatzes“. Bis zur Fußballweltmeisterschaft 2006 soll an der Alexanderstraße der Einkaufskomplex mit rund 36.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, bis 2009 das Hochhaus stehen. Die Verkaufsfläche entspricht – nebeneinander gesetzt – in ihrer Größe ungefähr sechs Fußballfeldern. Zusätzliche 14.000 Quadratmeter sollen für Gastronomie und Unterhaltung reserviert sein.

Wirtschaftssenator Wolf hatte die Pläne in ihrer jetzigen Form noch vor kaum drei Wochen im Abgeordnetenhaus abgelehnt. Er finde, „dass man die Planungen des Kollegen Strieder auf ein realistisches Maß konzentrieren muss“, äußerte sich Wolf dabei auf eine Anfrage der Grünen Claudia Hämmerling. Die zeigte sich gestern enttäuscht, dass Wolf sich im Senat nicht wehrte: „Das war offenbar nur ein vollmundiges Versprechen“, sagte Hämmerling, die in den Plänen ein „ruinöses Großprojekt“ mit einschneidenden Folgen für anderen Einzelhandel sieht. Strieder entscheide gegen die Bedenken aller Fachverbände und des Bezirks. „Stoppen Sie Strieder“, forderte sie erneut vonWolf.

Dessen Sprecher Christoph Lang mühte sich, das Verhalten des Senators zu erklären. „Er hat zugestimmt, obwohl er Zweifel hat, dass das alles so verträglich ist“, sagte Lang. Wolf habe durchsetzen können, dass die Planungen durch ein Gutachten zu Folgen für den umliegenden Einzelhandel begleitet werden.

Strieder erwartet keinen Verdrängungswettbewerb. Dass Leute wegen der Bebauung am Alex nicht mehr an der Schlossstraße oder am Hermannplatz einkaufen würden, nannte er im Parlament „eine absurde Annahme in einer 3,4-Millionen-Stadt“. Seine Hoffnungen gründen sich auf die Funktion des Alex als Verkehrsknoten, wo täglich 150.000 Menschen ein- oder aussteigen würden. Als Kunden erwartet Strieder wie am Potsdamer Platz zu je einem Drittel Berliner, Brandenburger und Touristen.

STEFAN ALBERTI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen