: Gute Friedensaussichten für Aceh
Internationale Vermittler kündigen ein Friedensabkommen für die nach Unabhängigkeit strebende indonesische Unruheprovinz an, doch zahlreiche Details der angestrebten Autonomielösung bleiben zunächst unklar
BANGKOK taz ■ Einer der längsten blutigen Konflikte in Südostasien soll jetzt beendet werden: Die Exilführung der separatistischen Rebellen in der indonesischen Nordwest-Provinz Aceh und die Regierung in Jakarta sollen sich bereit erklärt haben, am 9. Dezember ein Friedensabkommen in Genf zu unterzeichnen. Das zumindest verkündeten gestern internationale Vermittler in der Stadt Lhokseumawe in Aceh.
Seit über zwei Jahren hat das Genfer Henry-Dunant-Zentrum für humanitären Dialog zwischen beiden Parteien vermittelt. Noch sei vieles ungeklärt, wie zum Beispiel die künftige Rolle der staatlichen Sicherheitskräfte, sagte Indonesiens Sicherheitsminister Susilo Bambang Yudhoyono. Bis jetzt sieht der Friedensplan vor, den über vier Millionen Acehnesen mehr Autonomie zu gewähren. Unter Aufsicht von 150 internationalen Beobachtern sollen ein Parlament und eine Regierung gewählt werden dürfen.
Wie weit die Autonomie tatsächlich geht, wird sich zeigen: Wenn sie auch nur den Anschein separatistischer Abspaltung erweckt, dürfte die Regierung in Jakarta auch künftig versuchen, diese mit Hilfe des Militärs im Keim zu ersticken. Immer wieder gibt es in Aceh und anderen Landesteilen Klagen über brutale Menschenrechtsverletzungen der Armee. Die genauen Umstände des vermeintlichen Durchbruchs zum Frieden in Aceh bleiben unklar. Berichten zufolge hatte die Armee trotz des islamischen Fastenmonats Ramadan in der vergangenen Woche ein Rebellenlager umzingelt und beschossen. Trotzdem bleibt offen, warum sich die seit 1976 für eine völlige Unabhängigkeit von Indonesien kämpfenden Rebellen der Bewegung freies Aceh (Gam) plötzlich mit einer Autonomieregelung zufrieden geben sollten. Die Gam äußerte sich gestern nicht.
Da das Abkommen erst zum Ende des Ramadans in drei Wochen unterzeichnet werden soll, haben Friedensgegner noch viele Gelegenheiten, es zu torpedieren. Der blutige Konflikt in Aceh, einem einst unabhängigem Sultanat, reicht bis in die niederländische Kolonialzeit zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg kämpften die Acehnesen noch für Indonesiens Unabhängigkeit. Gegen Jakarta lehnten sie sich auf, als Versprechungen für mehr Autonomie nicht eingehalten wurden. Seit 1976 wurden nach offiziellen Schätzungen mehr als 10.000 Menschen, vorwiegend Zivilisten, getötet. Die Unabhängigkeitsbewegung wird von keinem der Nachbarländer unterstützt. Die öl- und gasreiche Provinz und ihre strategische Lage an der Straße von Malacca nützen der Wirtschaft Indonesiens und damit auch dem globalen Handel. Vielleicht auch deswegen hat sich bisher in einem anderen Fall von Menschenrechtsverletzungen in Aceh wenig bewegt, klagt das in Berkeley ansässige Indonesia Human Rights Network: Seit dem 10. September sind die britische Wissenschaftlerin Lesley McCulloch und die US-Krankenschwester Joy Lee Sadler in Aceh inhaftiert und zwischenzeitlich misshandelt worden. McCulloch hatte wiederholt Menschenrechtsverletzungen in Aceh angeprangert.
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