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Feste feiern, feste essen

Spanferkel für die Ahnen, Tamales aus dem Tontopf, Staubkekse in Seidenpapier und Buttertee, der eigentlich eine Kraftbrühe ist: Andere Länder, andere Feiertagsmenüs. Üppig sind sie aber alle

von HELGA JAHNKE

Feste Essen an Festtagen? Zwar wird an Feiertagen überall ausgiebig getafelt, aber nicht alle Länder haben so feste Traditionen wie Weihnachtsgans oder Silvesterkarpfen. Internationale Restaurants lassen sich in die Töpfe gucken.

Chinesisches Neujahr

„Die Chinesen essen immer“, sagt Kit Hu, Inhaberin von Madame Hu. Besonders üppig allerdings zu Neujahr, dem Hauptfest der Chinesen, das nach dem alten Mondkalender zwischen 21. Januar und 20. Februar liegt. Die Großfamilie und Freunde feiern zusammen. Rote „Glücksgeldbeutel“ werden verteilt und es gibt süße „Jahreskuchen“ aus roter Bohnenpaste und Reismehl, gedämpft und gebraten. Ganzer Fisch, beispielsweise Karpfen oder Barsch, bringt Glück, Nudeln stehen für ein langes Leben. „Bei uns ist jeder Biss mit Glück“, sagt Kit Hu.

Auch die Urahnen werden versorgt. Spanferkel werden mit zum Tempel genommen und den Verstorbenen dargereicht. Geld und Symbole des Reichtums, z. B. Papierautos, werden im Tempel verbrannt, das „Glücksschwein“ wird wieder mitgenommen. „Die Familien tragen den Reichtum nach außen. Je mehr Essen sie den Urahnen anbieten können, desto reicher sind sie.“ Weil die Zubereitung des Spanferkels sehr aufwendig ist, haben die Grillrestaurants in der Nähe der Tempel großen Zulauf.

So verteilt sich die Arbeit: Ferkel oder auch Ente werden gekauft, Suppe, Gemüse und Scampi zu Hause zubereitet. Die Frauen einer Familie kochen zusammen, jede hat ein traditionelles Gericht. Schon die Vorbereitungen sind aufwendig: „Man kauft nicht irgendwo, die gehen meilenweit, um das Beste einzukaufen“, erzählt Kit Hu.

Karibische Weihnachten

Max Reichle, Chef vom Roatan, kennt die Feste auf den Karibischen Inseln. Die Bevölkerung ist christlich, feiert deshalb auch Weihnachten mit der ganzen Großfamilie – und es gibt eine traditionelle Speisenfolge.

Vorspeise sind Tamales: Maismehl, Schweine- und Hähnchenfleisch, Kartoffeln, Reis und Achiote-Paste werden gemischt und in Bananenblätter eingewickelt. Die Päckchen kommen in einen Tontopf, der mit Bananenblättern verschlossen wird. Zwölf Stunden köcheln die Tamales im Garten in einem Erdloch, dann werden sie geöffnet, mit Limettensaft beträufelt und direkt aus den Bananenblättern gegessen. Es folgt der Truthahn – auf karibische Art gefüllt, also mit einer Mischung aus in Kokosmilch eingelegtem Brot, Hack, Äpfeln, Ananas, Rosinen, Oliven, Piment, Nelken und Muskat. Dazu gibt es Gemüse, in Kokosmilch gedämpft, Kartoffelsoufflée und diverse Chutneys. Nachspeise ist ein Pudding aus geraspelter Yucca-Wurzel, die mit Kokos-, Kuh-, süßer Kondensmilch und Gewürzen gemischt langsam im Ofen bäckt.

Alles kann gut vorbereitet werden, und alle helfen mit. „Es wäre doch unfair, die Mutter damit allein zu lassen“, findet Max Reichle. Am Heiligen Abend beginnt das Essen um 22 Uhr, ab Mitternacht werden die Geschenke ausgepackt. Danach gehen die Kinder nach draußen zum Böllern, und die Erwachsenen tauschen mit den Nachbarn Leckereien aus. „Zum Essen gibt es Rumpunsch und Cocktails und viel Bier. Hinterher sind alle satt und glücklich. Super.“

Spanische Epiphanie

In Spanien werden die Heiligen Drei Könige (Epiphanie) am 6. Januar größer gefeiert als Weihnachten, weiß Rafael Lopez, vom Café Altamira. Abends wird gegessen, dann folgt die Bescherung. Typische Speisen kann er nicht nennen, denn von Region zu Region und von Familie zu Familie gibt es unterschiedliche Traditionen. Was aber in ganz Spanien zum Fest gehört, sind Polvorones, „Staubkekse“, mit Zimt und Anis. Die gibt es, einzeln in Seidenpapier verpackt, in Bäckereien und Supermärkten. Dazu trinkt man Anis dulce, einen Anislikör.

Das Essen wird „von der Mutti des Hauses“ vorbereitet, sie steht auch während des Festes noch in der Küche. „Das“, sagt Rafael Lopez, „wird von den Spaniern aber gar nicht als fies empfunden. Wir sind doch eine Macho-Gesellschaft.“

Neujahr in Tibet

In Tibet gibt es kaum Restaurants, es wird zu Hause gekocht. „Oma und Mama kochen“, sagt Palden vom Restaurant Tibet. Wichtigstes Fest ist das tibetische Neujahr: der Tag nach Neumond mit zunehmendem Frühjahrsmond. Das Haus wird geputzt, es werden Vorräte angelegt, und die Kinder bekommen neue Kleider.

Wochen vorher wird „Chang“ angesetzt: „Es gibt in Tibet keine Weine und harten Getränke, deshalb setzt man Reiswein selbst an“, schwärmt Palden. Wichtigstes Getränk ist der Buttertee, bö-cha. Das sind Teeblätter mit Yak-Butter und Soda, also eher eine Kraftbrühe. Das tibetische Essen ist sehr fleisch- und fetthaltig, Fleisch, Milch und Käse sind vom Yak. Zum Fest gibt es Tsampa, geröstetes Gerstenmehl, das zusammen mit Buttertee in einer Schale zu kleinen Kugeln geknetet und mit den Fingern gegessen wird. Außerdem Gerstenmehl-, Käse- oder Reisweinsuppe. Momos, mit Gemüse oder Fleisch gefüllte Teigtaschen, machen viel Arbeit, deshalb werden sie nur an Feiertagen serviert. Da alle Gerichte mit Fleisch sind, lässt sich das Essen für die Feiern gut vorbereiten.

Vor dem Essen wird auf dem Hausaltar Obst, Gemüse und Salz geopfert, nach dem Essen ziehen alle zum Kloster. Den Neujahrstag feiert man mit den Göttern, den zweiten und dritten Tag mit der Familie, den vierten Tag mit Freunden. Große Familien feiern bis zu 14 Tage lang. Dafür müsste man bei uns ja schon den Jahresurlaub nehmen.

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