: Panzer in Bethlehem
Vergeltung für Anschlag in Jerusalem: Die israelische Armeebelagert Geburtskirche. UN-Mitarbeiter in Dschenin erschossen
JERUSALEM taz/afp/rtr ■ Einen Monat vor Heiligabend sind am Freitag erneut israelische Panzer nach Bethlehem gezogen und haben sich vor der Geburtskirche postiert. Zudem wurden die Städte Beit Dschalla und Beit Sachur besetzt. Mit der „Operation Kettenreaktion“ kontrolliert Israel das gesamte Westjordanland mit Ausnahme der Kleinstadt Jericho. Im Flüchtlingslager Dschenin wurde ein UN-Mitarbeiter erschossen. Im Gaza-Streifen töteten Palästinenser einen israelischen Aufklärungssoldaten. Zuvor war bei einem Armeeeinsatz nahe der Siedlung Nezarim ein palästinensischer Polizist von Schüssen tödlich getroffen worden. Derweil hat die US-Regierung Israel gestern für 2004 Militärhilfe in Höhe von 2,16 Milliarden Dollar zugesagt.
Israels Verteidigungsminister Schaul Mofaz begründete das Kommando für den Einmarsch in Bethlehem mit den beiden Attentaten in Hebron und Jerusalem, bei denen vorige Woche über 20 Menschen getötet wurden. Die Armee verhängte eine Ausgangssperre und nahm rund 20 Personen fest. Erst im August hatten sich Israel und die Palästinenser über den Truppenabzug aus Bethlehem geeinigt, der die erste Phase eines kompletten Rückzugs aus dem Westjordanland sein sollte. Drei Monate lang gab es keinen einzigen Zwischenfall. Mit dem Attentat in Jerusalem, das ein Palästinenser aus dem an Bethlehem grenzenden Dorf El-Khader verübte, sei der „Bethlehem-Test gescheitert“, so ein Militärsprecher. Nach dem Abzug der israelischen Truppen im August sei die Stadt zu einem „Asyl für Terroristen“ geworden, die neue Anschläge vorbereiteten. Der erneute Einmarsch in Bethlehem soll „die bestehenden Realitäten ändern“.
Der 53-jährige Mitarbeiter der UN-Organisation für palästinensische Flüchtlinge (UNWRA) wurde während eines israelischen Angriffs erschossen. Nach Armeeangaben kam die Hilfe eines Rettungsteams für den britischen Ingenieur zu spät. Ob er durch israelische oder palästinensische Schüsse ums Leben kam, war zunächst unklar. Er war erst kürzlich von der UNWRA zum Leiter des Wiederaufbaus des zerstörten Flüchtlingslagers Dschenin berufen worden.
Die von den USA für 2004 zugesagte Militärhilfe liegt um 60 Millionen Dollar (Euro) höher als die für das Haushaltsjahr 2003. Nach einer Vereinbarung aus den 90er-Jahren erhöhen die USA jedes Jahr ihre Militärhilfe für Israel um 60 Millionen Dollar, während die Wirtschaftshilfe um die doppelte Summe gekürzt wird. Die Wirtschaftshilfe soll bis 2008 auslaufen. SUSANNE KNAUL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen