„Unbedingter Einsatz“

„Mit Schönwetterfußball ist es nicht mehr getan“, sagt Mirko Votava, der neue Trainer von Union Berlin, nach einer Serie von neun sieglosen Spielen. Bis Weihnachten sei jedes Spiel ein Endspiel

Interview MARKUS VÖLKER

taz: Herr Votava, haben Sie schon ein paar Rostflecken auf Eisern Union abschleifen können?

Mirko Votava: Auch bei einer Serie von jetzt neun sieglosen Spielen darf man nicht vergessen: Fußball ist nur ein Spiel. Wir werden aus der Misere wieder rauskommen. Das Potenzial ist vorhanden bei Union Berlin.

Derzeit befindet sich die Mannschaft – da hat das 1:1 am Freitag in Ahlen nicht viel geändert – im Abstiegskampf. Sehen Sie das auch so?

Die Ziele, die man vor Saisonbeginn ausgegeben hat, sind schwer zu verwirklichen. Wir müssen da unten so schnell wie möglich raus. Da ist die Mannschaft und der Trainer gefordert. Wir glauben, dass wir es packen.

Es wird gemunkelt, Union zähle zu den heißen Abstiegskandidaten?

Jeder kann die Tabelle (Platz 13) lesen. Insofern sollen sie nur munkeln. Ich denke momentan nur an das nächste Spiel. Alles andere interessiert mich überhaupt nicht.

Klingt nach Krisenmanagement.

Ich kann ja langfristig planen, davor muss ich aber kurzfristig Erfolg haben.

Wie sehen die langfristigen Pläne aus?

Darüber wird der Saisonverlauf entscheiden.Vor der Winterpause bestreiten wir jedenfalls nur noch Endspiele.

Nach Ihrem Einstand (0:3 in Aachen) hat Spieler Sreto Ristic gesagt, es fehle das Feuer in der Mannschaft, ist es Ihre Aufgabe, die Lunte zu legen?

Es kommt immer darauf an, welche Spieler sie vorfinden. Ich kann schon eine Lunte legen, aber ob die wirklich zündet, ist eine andere Frage.

Brennt sie denn?

Ich sehe Fortschritte. Bei der Einstellung, der Leidenschaft, der Kampfbereitschaft.

Typische Votava-Tugenden?

Genau. Wenn man auf die Tabelle guckt, ist es mit Schönwetterfußball nicht getan. Allein die Union-Fans wollen unbedingten Einsatz sehen, schließlich wäscht eine Hand die andere.

Bisher haben sie als Trainer in Oldenburg und Meppen gearbeitet, wie fällt ein Vergleich zu Berlin aus?

Ich möchte Union Berlin lieber mit Werder Bremen vor 20 Jahren vergleichen. Da haben wir auch langsam angefangen, eine alte Tribüne gehabt, ein ausbaufähiges Stadion. Ich finde gut, dass das Union-Präsidium kein Risiko eingehen will, sondern Schritt für Schritt gehen möchte. So hat man das bei Werder Bremen auch gehandhabt.

Bremen ist auf diese Weise zur großen Nummer geworden.

Man muss Zeit haben und darf nichts überstürzen. Alles muss überschaubar sein.

Reicht Ihr Blick trotz der Krise so weit, dass Sie Duelle mit Hertha in der Ferne erspähen?

Klar träumen wir, wenn man keine Träume hätte, könnte man gleich zu Hause bleiben.

Und für Union Berlin legen Sie sich ins Zeug?

Ich hab’ gespürt, dass die Unioner richtig dabei sind und etwas verwirklichen wollen. Und das ist auch meine Motivation: dass man später sagen kann, der Votava war dran beteiligt, der hat an dem Projekt Union mitgewirkt.

Spüren Sie noch Nachwirkungen der, laut „kicker“, „hausgemachten Krise“ um den Rauswurf von Trainer Wassilev?

Nach so einer Geschichte sieht es bei jedem Verein nicht gerade rosig aus. Was ich und die Mannschaft einfach nur machen können, ist, Beweise zu liefern – 90 Minuten lang auf dem Platz.

Das hätte Ihr Mentor Otto Rehhagel nicht besser sagen können!

Wenn man so lange mit einem zusammengearbeitet hat, färbt das ein bisschen ab.