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Schreiben für’s Spagatkonzept

Langsam, aber stetig hat sich mit „new leaf“ ein kleines englischsprachiges Literaturmagazin in Bremen etabliert. Herausgeber sind der Englisch-Dozent Ian Watson und der „Theater die Versammlung“-Dramaturg Simon Makhali. Am Donnerstag wird die 14. Ausgabe vorgestellt

„Auch die Neulinge sollen sagen können: ‚Ich bin mit Autor XY in einem Heft‘“

Die arme Vierzehn! Die Zahl kommt gern unter die Räder. Da gibt es nichts Symbolisches. Ja, man könnte sich fast wundern, dass sich die Menschen der Vierzehn überhaupt erinnern. Sie kommt, so informiert uns das Editorial der aktuellen Ausgabe der englischsprachigen Bremer Literaturzeitschrift „new leaf“, nicht ein Mal vor im renommierten „Penguin Book of Quotations“.

Das Gedankenspiel stammt von den Herausgebern, Simon Makhali und Ian Watson. Die beiden sind ein Gute-Laune-Team in Sachen englischsprachiger Literatur. „Good vibes“, meint Makhali, seien ein Grund, dass er nun schon gut fünf Jahre mit an „new leaf“ strickt. Die Präsentationslesungen, die seit einiger Zeit nicht mehr in unwirtlichen Uni- Räumen stattfinden, sondern im wohligen Café Ambiente, sind unaufgeregte literarische Klein-ereignisse. Da sitzt niemand vorn, dem alle dann lauschen müssen. Meistens ist es proppenvoll. Immer wieder steht irgendwo jemand auf, um ein Gedicht vorzutragen oder einen kurzen Prosatext.

Momentchen mal! Englische Literatur aus Bremen? Wie das denn? „Anfangs war das sehr eng mit Workshops verbunden, die wir im Fachbereich Englisch angeboten haben. Oft waren GastautorInnen da, die mit den Studierenden gearbeitet haben. Später haben wir uns gesagt: Jetzt machen wir eine Literaturzeitschrift draus!“ Die Auswahl der Texte hat sich danach verändert. Studierende und auch Lehrende aus dem Englisch-Bereich der Bremer Uni haben für „new leaf“ geschrieben. Es gab aber auch freie Einsendungen. Und manchmal machen auch die etablierten Gastautoren einen Text locker.

„Natürlich haben wir uns gefreut, weil mit den Texten der Gastautoren die Qualität insgesamt besser wurde“, sagt Watson, der Englische Literaturwissenschaft lehrt und sich in den letzten Jahren sehr für das „Kreative Schreiben“ an der Bremer Universität eingesetzt hat. „Nun aber hatten wir ein anderes Problem: Viele Studierende hatten Angst, uns Texte zu geben. Wir wollten ja niemanden verschrecken. Wir hängen gerade darum an diesem Spagatkonzept. Auch die Neulinge sollen sagen können: ‚Ich bin mit Autor XY in einem Heft‘.“

Die letzten Ausgaben von „new leaf“ verschrecken jedenfalls nicht. Das mag einerseits daran liegen, dass „new leaf“, wie Watson anmerkt, „nicht so fürchterlich Avantgarde“ präsentiert. „In diesem regionalen Rahmen mit dem Studiengang als Basis ginge das auch gar nicht.“ Andererseits ist es beachtlich, was die oft jungen AutorInnen zu Papier bringen – ist für sie das Englische doch (fast ausschließlich) eine Fremdsprache.

Für die Studierenden ist das „new leaf“ eine kleine, aber feine Plattform. Watson und Makhali, die die Zeitschrift enthusiastisch aber „zwangsläufig nebenbei“ betreiben, sind „von der Sprachkompetenz unserer AutorInnen“ begeistert. Auch wenn die üblichen subjektiv-romantischen oder allzu autobiografisch gefärbten Texte nicht ausbleiben, „ist es bemerkenswert, wie souverän viele grade mit dem geschriebenen Englisch umgehen. Einige unserer ‚Stammautoren‘ schreiben sich aber auch weit von ihrer eigenen Person weg. Manche haben sogar schon in England veröffentlicht.“

Es ist den beiden wichtig, dass literarisch ambitionierte Leute hier genauso ihren Platz haben, wie jene, die aus Spaß an der Freude schreiben. Oder wie es in einem der Gedichte der neuen Nummer heißt: „Giving reality a different quality / Everything visible, but gloomy / Cold, but beautiful“. Tim Schomacker

new leaf 14 wird am Donnerstag, 28. November, um 20 Uhr im Ambiente, Osterdeich 69a, vorgestellt

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