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Buhmann besiegt Bananenkönig

Der Oberst Lucio Gutiérrez wird durch Wahlen neuer Präsident von Ecuador – keine drei Jahre, nachdem er mit einem Putsch versuchte, die Macht zu ergreifen. Sein Sieg stärkt die Fraktion der populistischen Militärs unter Südamerikas Staatschefs

von INGO MALCHER

Was ihm mit Waffen nicht gelang, schaffte er nun an den Wahlurnen: Lucio Gutiérrez wird neuer ecuadorianischer Präsident. Nach Hugo Chávez in Venezuela ist er damit der zweite Exmilitär auf einem südamerikanischen Präsidentenstuhl.

In der Stichwahl um das Amt des ecuadorianischen Präsidenten konnte der nationalistische Gutiérrez gut zehn Prozent Vorsprung gegenüber dem Bananenmagnaten Álvaro Noboa herausholen. Nach Auszählung fast aller Stimmen brachte es Gutiérrez auf 54,33 Prozent, für Noboa votierten lediglich 45,66 Prozent.

Wie Chávez hat auch Gutiérrez früher einmal versucht, mit einem Militärputsch eine gewählte Regierung zu stürzen. Und wie jener hat Gutiérrez dafür im Gefängnis gesessen. Im öffentlichen Auftreten unterscheiden sich beide Politiker jedoch deutlich: Während Chávez sich temperamentvoll zeigt, wirkt Gutiérrez meist ruhig und gefasst.

Seine Beteiligung am Umsturzversuch im Januar 2000 hat den 45-jährigen Gutiérrez im Wahlkampf kaum geschadet. Politik gilt in Ecuador als schmutziges Geschäft. Kein Zufall also, dass mit Gutiérrez und Noboa zwei Kandidaten die Endrunde der Wahlen unter sich ausmachten, die nicht dem klassischen Parteienspektrum angehören.

Anders als Noboa, einer der reichsten Männer Lateinamerikas, wurde Gutiérrez von einer bunten Truppe aus Indígenas und linken Gruppen unterstützt. Regelmäßig schimpfte ihn sein Herausforderer einen „Kommunisten“. Am Wahlabend waren solche Dinge vergessen. Ein letztes Mal in eine olivgrüne Militäruniform gekleidet – künftig will er nur noch in Zivil auftreten –, versprach Gutiérrez eine „Regierung der nationalen Einheit“ und bot dem Gegner Versöhnung an.

Er werde mit allen regieren, sagte Gutiérrez, „mit Gewerkschaftern, Unternehmern, Bankern und sozialen Bewegungen“. „Nur wenn wir vereint sind, kann Ecuador sich verändern.“

Viel Spielraum wird er während seiner vierjährigen Amtszeit nicht haben. Ausländische Investoren beäugen den Oberst misstrauisch, und der Internationale Währungsfonds (IWF) wird ihm keine Experimente durchgehen lassen. Die wirtschaftliche Lage seines Landes ist dramatisch. Seit 1998 steckt Ecuador in einer schweren Krise, im Jahr 1999 musste sich die Regierung zahlungsunfähig erklären, ein Jahr später wurde die Landeswährung Sucre abgeschafft und durch den US-Dollar als offizielles Zahlungsmittel ersetzt. 80 Prozent der Bevölkerung sind arm in dem Land, das der größte Bananenexporteur der Welt ist. Gutiérrez will Armut bekämpfen, korrupte Politiker ins Gefängnis stecken und die Industrie wieder wettbewerbsfähig machen.

Aber er weiß auch, dass ein Wahlsieg in Ecuador wenig wert sein kann, wenn man seine Versprechen nicht einhält. In den vergangenen fünf Jahren mussten zwei seiner Vorgänger ihren Stuhl vorzeitig räumen.

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