Keine Rettung vor Aids

UNO stellt Welt-Aids-Bericht vor: Neuinfektionen in Afrika nehmen nach Jahren des Rückgangs zu. Die Zahl der lebenden Infizierten wächst jedoch langsamer – weil die der Toten schneller steigt

BERLIN taz ■ Die weltweite Aids-Epidemie breitet sich ungebremst aus. Das ist die Kernaussage des neuesten Berichts zur Aids-Lage in der Welt, den Unaids, das Aidsbekämpfungsprogramm der UNO, gestern vorlegte. Demzufolge leben jetzt weltweit 42 Millionen Menschen mit HIV-Aids – zwei Millionen mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der Neuinfektionen blieb im Jahresvergleich konstant bei fünf Millionen. Die Zahl der Aids-bedingten Todesfälle stieg leicht von drei Millionen im Jahr 2001 auf 3,1 Millionen dieses Jahr.

Oberflächlich betrachtet, verlangsamt sich die Ausbreitung der Epidemie. Die Zahl der Infizierten steigt nicht mehr so rasch wie vor einigen Jahren – zwischen 1999 und 2000 stieg sie um zehn Prozent von 33,6 auf 36,1 Millionen Menschen, bis 2001 noch stärker auf 40 Millionen, aber jetzt nur noch um fünf Prozent auf 42 Millionen. Aber dies hat zu einem großen Teil damit zu tun, dass die Todeszahlen steigen. Ein Absinken der Gesamtzahl der Infizierten kann erst erreicht werden, wenn die Zahl der neuen Aids-Toten die der Neuinfektionen übersteigt.

Eine Trendwende zum Schlechteren sieht die UNO in Afrika. Dort hat sich erstmals der Trend sinkender Neuinfektionszahlen umgekehrt: 4 Millionen waren es noch 1999, 3,8 Millionen im Jahr 2000, 3,4 Millionen 2001 – und 3,5 Millionen in diesem Jahr. Eine Erklärung dafür hat die UNO nicht, verweist aber auf stark steigende Infektionsraten unter Risikogruppen in bisher wenig beachteten Ländern wie Kamerun und Nigeria, während Präventionskampagnen in stark betroffenen Ländern wie Südafrika oder Äthiopien Erfolge zeigen. 29,4 Millionen Menschen in Afrika südlich der Sahara leben nun mit HIV-Aids, wobei Botswana mit einer Infektionsrate von 38,8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung weiter den Spitzenplatz einnimmt.

Nach wie vor liegt die Infektionsrate überall auf der Welt außerhalb von Afrika (8,8 Prozent) und der Karibik (2,4 Prozent) bei unter einem Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Doch 40 Prozent der 45 Millionen Neuinfektionen, die Unaids bis 2010 weltweit erwartet, dürften dem Bericht zufolge in Asien erfolgen. In Süd- und Südostasien ist laut UNO die Zahl der Infizierten aber dieses Jahr leicht von 6,1 auf 6 Millionen gesunken.

Sorge bereiten vor allem China, einige arabische Länder und die ehemalige Sowjetunion, wo die Zuwächse prozentual am höchsten sind. Die UN machen dafür die Steigerung der Heroinproduktion und den Verfall des Lebensstandards verantwortlich. In Usbekistan gab es in der ersten Jahreshälfte 2002 so viele HIV-Neuinfektionen wie in den gesamten zehn Jahren zuvor.

Der Direktor von Unaids, Peter Piot, wies darauf hin, dass erstmals mehr Frauen als Männer infiziert sind. „Das Gesicht der Krankheit hat sich verändert“, sagte Piot. D.J.

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