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Uncoole Mutter

betr.: „Die Farbe von Doldingers Kacka“, taz-Kolumne von Peter Unfried vom 20. 11. 02

Lieber Peter Unfried, danke, danke, danke! Du gibst mir endlich die Möglichkeit, über eine mir besonders verhasste Spezies zu reden – wovon es in dieser Stadt (in nur 20 Prozent der Haushalte leben Kinder) viel zu viele gibt: kinderlose Singles über 35. Dieser Typ Mensch fühlt sich besonders cool, weil er kettenrauchend in irgendeiner coolen Klitsche herumhängen kann.

Ich als zweifache – und deshalb zwangsweise völlig uncoole – Mutter muss mich, wenn meine beiden Kinder mich dann ausnahmsweise lassen, an den Tresen mit der mir verhassten Spezies herumschlagen, die leider keinen anderen Sinn im Leben sehen, als zu rauchen und von irgendwelchen Clubnächten zu erzählen, in denen anscheinend die Sau abgeht. Leider können sie mir damit wenig imponieren, weil nach zwanzig Jahren irgendwann die Lust schwindet, mit Abiturienten die Tanzfläche zu teilen. „Wow“, sage ich trotzdem und lächle ihn an mit Rehaugen, „du hast es aber gut. Du kannst bis sechs dableiben und am nächsten Morgen ausschlafen, bis es wieder dunkel wird, und dann wirst du in den nächsten Club gehen, weil du nicht weißt, was du sonst mit deinem erbärmlichen Leben anfangen sollst. Und am Montag gehst du wieder zur Arbeit, wo du bis neun oder zehn hängen darfst, weil keiner auf dich zu Hause wartet.“

Aber, lieber Peter Unfried, neulich waren meine Kinder zwei Wochen weg und ich konnte endlich wieder so leben wie diese glücklichen Singles über 35 und wie du; saufen, rauchen und schlafen bis zum nächsten Abend. Mir blieb auch ehrlich gesagt nichts anderes übrig, weil ich diese stumpfe Leere ohne meine Töchter nüchtern nicht ertragen hätte. Bist du eigentlich sehr einsam? Das tut mir Leid. Aber noch mehr Leid tust du mir, wenn du die Zeit verpasst hast und es für dich zu spät ist. Top Five: Jessica Falzoi, 2 Kinder; Madonna, 2 Kinder; Jürgen Vogel, 4 Kinder; Mary Wollstonecraft, 2 Kinder; Johnny Depp, 1 Kind (Autor Peter Unfried, 2 Kinder; d. Red.). JESSICA FALZOI, Berlin

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