: Netanjahu wittert Eskalation
Für Israels Außenminister steht der Urheber der Anschläge von Kenia fest: al-Qaida
JERUSALEM taz ■ Israelische Sicherheitsdienste zögerten gestern nicht damit, eine Verbindung zwischen den Anschlägen in Kenia und der islamischen Terrororganisation al-Qaida herzustellen. Die komplexe Vorbereitung, die der Doppelanschlag auf ein Hotel und ein Linienflugzeug voraussetzte, deute ohne Zweifel auf die Gruppe von Ussama Bin Laden.
Obwohl das Hotel in der Nähe der Küstenstadt Mombasa von Israelis geleitet wird und der Linienflug der israelischen Fluggesellschaft Arkia in Richtung Tel Aviv startete, beeilte sich Außenminister Benjamin Netanjahu in einer ersten Stellungnahme, den Angriff nicht als israelisches Problem, sondern als eine „Eskalation des internationalen Terrors“ zu bezeichnen. „Heute werden israelische Flugzeuge angegriffen, morgen sind es amerikanische, britische oder Flugzeuge jedes anderen Landes.“
Der Angriff sei deshalb so Besorgnis erregend, sagte Netanjahu, weil er beweise, dass die Terrorgruppen in der Lage sind, „sich mit Waffen auszurüsten, mit denen Massenmorde verübt werden können“. Unter den Todesopfern waren neben den drei Attentätern drei Israelis, unter ihnen zwei Kinder, sowie neun kenianische Hotelangestellte. Die 261 Passagiere auf dem Flug von Mombasa nach Tel Aviv wurden erst etwa eine halbe Stunde vor der Landung auf dem Ben-Gurion-Flughafen über den Angriff in Kenntnis gesetzt. Nach Aussagen des Flugkapitäns Rafi Marik sei zunächst nicht klar gewesen, dass das Flugzeug beschossen wird. „Aus unserer Sicht war es ein Routineflug“, meinte Marik vor Journalisten am Flughafen. Die Maschine sei durch den Raketenbeschuss nicht beschädigt worden und befand sich am Nachmittag schon wieder im Einsatz.
„Kein Staat ist immun“
Militärexperten in Tel Aviv vermuten, dass der Anschlag deshalb in Kenia stattfand, weil sich das Land für Terroristen anbiete. So verfüge al-Qaida über eine starke Basis in Ostafrika. Zudem würden in kenianischen Hotels kaum Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Mombasa gilt als bevorzugtes Reiseziel für Israelis. Das Außenministerium hielt israelische Staatsbürger an, vorerst nicht nach Afrika zu reisen. Änderungen der Flugpläne von Arkia und El Al wurden indes nicht vorgenommen.
Auch Staatspräsident Mosche Kazaw appellierte an die „aufgeklärte Welt“, sich im Kampf gegen den Terror zusammenzutun und die Länder zu boykottieren, die den Terror unterstützten. „Terror ist eine Krankheit ohne Grenzen“, erklärte er. Kein Staat sei dagegen immun. Premier Ariel Scharon berief am Nachmittag Vertreter der Sicherheitsdienste und Fluggesellschaften zu Beratungen zusammen.
Die Anschläge in Kenia warfen einen Schatten auf die Vorstandswahlen der Likudpartei, die gestern abgehalten wurden. Zwar brauchte Scharon laut Meinungsforschungsinstituten mit einem Vorsprung von über 20 Prozentpunkten nicht um seinen Sieg zu fürchten. Dennoch dürften die Anschläge die Kluft zu seinem parteiinternen Gegner Netanjahu verkleinert haben. Der Außenminister, der eine deutlich härtere Strategie im Kampf gegen den Terror verfolgt als Scharon, gab zahlreiche Erklärungen zu den Anschlägen in Kenia ab. SUSANNE KNAUL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen