Milben mögen’s warm

Im Winter steigt die Gefahr für Hausstauballergiker. Experten raten, mehrmals täglich zu lüften und die Wohnung nicht zu überheizen. Milben leben zu 90 Prozent vor allem in Matratzen und Bettzeug

Endlich Winter – und damit Ruhe vor den lästigen Pollen. Das mag sich so mancher Allergiker denken. Für Hausstauballergiker indes fängt jetzt erst die Zeit der hohen Belastung an. Doch was genau ist eigentlich eine Allergie? „Eine Überreaktion des Immunsystems auf Fremdstoffe, die keine Krankheitskeime sind, und daher eigentlich keine Gefahr für die Gesundheit darstellen“, erläutert Anja Schwalfenberg, Expertin beim Deutschen Allergiker und Asthmatiker- Bund (DAAB).

Im Winter ist es der Kot der Hausstaubmilben, der Allergikern Schnupfen, tränende Augen bis hin zu Asthma beschert. Vor allem in warmer Heizungsluft gedeihen die winzigen Spinnentiere. „Milben mögen’s warm. Bei Temperaturen um die 25 Grad Celsius vermehren sie sich bestens“, weiß Gerhard Schultze-Werminghaus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allergie- und Immunitätsforschung in Bochum. Zu wenig frische und kalte Luft erhöhe die Konzentration der Milben in den meist überheizten Wohnräumen. Vor allen Dingen dort, wo der Mensch es selbst am liebsten warm hat: im Bett. Zu über 90 Prozent lebt der „geflügelte Hautschuppenfresser“, wie der lateinische Namen des Hausgenossen übersetzt heißt, in Bettzeug und Matratzen. Immerhin rund zehn Millionen in einem einzigen Bett. Deshalb sollten vor allem Schlafräumen kühl sein, Matratzen und Bettzeug in allergenundurchlässige Bezüge gehüllt werden.

„Temperaturen um die 16 Grad sind für die Milbe zu kalt, und wöchentlich bei 60 Grad gewaschene Decken und Kissen machen ihr den Garaus“, erklärt Schultze-Werminghaus. Stofftiere von Kindern könnten in die Gefriertruhe gelegt werden und so als geliebte Bettgenossen erhalten bleiben. Böden, egal ob Teppiche oder glatte Beläge, sollten Hausstauballergiker nur mit Staubsaugern säubern, die einen speziellen Feinstaubfilter besitzen. „Ansonsten geht es dem Allergiker nach dem Staubsaugen noch viel schlechter, da der Milbenkot in die Luft gewirbelt wird“, erklärt Schwalfenberg. Die Wohnraumhygienikerin weist zudem darauf hin, dass Milben in Räumen mit zu hoher Luftfeuchtigkeit, also über 65 Prozent, hervorragend gedeihen.

Da warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnimmt als kalte, plädiert sie für eine regelmäßige Lüftung der Zimmer. Die Stoß- oder Querlüftung ist dafür am besten geeignet. Bei der Stoßlüftung wird das Fenster kurze Zeit ganz geöffnet, bei der Querlüftung wird durch mehrere Zimmer hindurch ein Luftzug geschaffen. „Als Faustregel gilt: Je kälter es draußen ist, desto kürzer muss gelüftet werden“, erklärt Schalfenberg.

Menschen, die den ganzen Tag zu Hause seien, sollten jede Stunde einmal für etwa fünf Minuten lüften. Anderen, die ihre Wohnung tagsüber nicht nutzten, rät sie, abends und morgens das Fenster zu öffnen. Eines lehnt die Expertin des DAAB beim Thema Lüftung allerdings vehement ab: „Das gekippte Fenster bringt für Allergiker gar nichts. Eventuell bilden sich dadurch sogar Schimmelpilze, die zu einer weiteren Allergie führen.“

Zusätzlich zu diesen Maßnahmen besteht – wie für den Pollen-allergiker auch – die Möglichkeit, eine Hyposensibilisierung durchzuführen. Bei dieser Therapieform wird dem Körper des Allergikers der Reizstoff gespritzt, beispielsweise kleine Mengen von Hausstaubmilben. Das langsame Erhöhen der Dosis soll eine Abhärtung des Immunsystems mit sich bringen. „Die Diagnostik muss schon sehr genau sein, damit der richtige Stoff gespritzt wird“, meint Schalfenberg.

Der beste Zeitpunkt für die Hyposensibilisierung sei nach der Heizungsperiode im Frühling, da die Allergenbelastung in den Innenräumen dann zurückgehe. Schultze-Werminghaus plädiert aber auch für eine natürliche Form der Abhärtung. Dazu gehöre für ihn, dass Wohnungen nicht wie Kliniken eingerichtet werden sollten. „Der Mensch braucht ein bisschen Dreck, um sein Immunsystem zu trainieren und zu lernen“, so Schultze-Werminghaus. Und das es sehr schnell lerne, mit seiner Umwelt zu leben, sei doch tröstlich für alle Allergiker. EVA BLANK