„Mein Platz für Bremen ist in Berlin“

Der Bremer Haushaltsexperte Volker Kröning hat nach der Bundestagswahl neue Aufgaben bekommen. Doch er mischt auch weiter in der Weser-Politik mit. Kröning über die Große Koalition, die Strategie der SPD, die Grünen, die Ampel – und zum Nachfolger von Henning Scherf

In seinem Anwaltsbüro in der Baumwollbörse hat er ein Gratulationsschreiben des ehemaligen Bremer MdB Claus Grobecker zu seiner Wahl in den Bundestag 1994 hängen: einen Scheck in Höhe von 435 Millionen Mark, den der Bund 1992 als Vorabausgleich für das Sanierungsprogramm an Bremen überwies. Volker Krönings neuer Job in Berlin und seine Sicht auf Bremen. Herr Kröning, Sie sind jetzt Berichterstatter für den Haushalt von Superminister Clement. Wie kam’s?

Volker Kröning: Ich habe das erreicht, was ich angestrebt habe: wiedergewählt zu werden und weiter im Haushaltsausschuss zu sein. Aber das ging nicht kampflos, denn Bremen ist bekanntlich nur 0,8 Prozent vom Ganzen, der Bundestag kleiner geworden. Eigentlich wollte ich auch Berichterstatter für den Verteidigungshaushalt bleiben, aber da hätte ich gegen die Regel in der Fraktion anstänkern müssen, dass der Posten alle vier Jahre rotiert. Immerhin habe ich es geschafft, den Haushalt durch einen guten anderen zu ersetzen.

Was tun Sie noch?

Ich bin Stellvertreter im Finanz- und im Verteidigungsausschuss geblieben, weil ich mich weiter um Bund-Länder-Finanzbeziehungen und Bremer Firmen wie Airbus, STN und die Werften kümmern will. Und ich soll noch in den Rechtsausschuss: Als Jurist habe ich mein Berufsleben begonnen – und werde es auch beenden.

Sind Sie eigentlich je Mitglied der einst von SPD-Chef Detlev Albers ausgerufenen „Erbengemeinschaft“ mit Christian Weber, Jens Böhrnsen und Willi Lemke gewesen?

Dazu habe ich nie gehört. Mein Platz für Bremen ist in Berlin.

Im Mai sind Bürgerschaftswahlen – Berlin liefert derzeit nicht gerade Rückenwind für die Bremer Genossen.

Richtig. Doch die Strategie der Bremer CDU, im Bundestagswahlkampf Bremer Themen in den Vordergrund zu stellen, ist misslungen. Jetzt spielt sie mit Bundesthemen – das wird auch misslingen. Wir werden im Bürgerschaftswahlkampf die Erfolge, aber auch die Grenzen des Sanierungsprogramms zur Sprache bringen – genau wie eine anschließende Perspektive.

Das Debakel für die Bremer SPD wird ja noch größer, wenn nach den Wahlen in Hessen und Niedersachsen erst die richtig harten Einschnitte kommen.

Die Situation nach dem 2. Februar halte ich für nicht so sensationsträchtig. Im Gegenteil. Ich erwarte, dass die Union dann auf unsere Vorschläge einschwenkt. Die Alternative wäre eine Mehrwertsteuer-Erhöhung – die wäre äußerst konjunkturfeindlich.

Ist es denn richtig, dass die Bremer Genossen jetzt mehr auf Lebensqualität in der Stadt und weniger, wie die CDU, auf die Wirtschaft, setzen wollen?

Einwohnerpolitik für mehr Arbeitsplätze – das ist doch kein Widerspruch. Bremen muss ein attraktiver Wohnort bleiben – da hat SPD-Fraktionschef Böhrnsen recht. Aber natürlich kommen Einwohner nur, wenn auch attraktive Arbeitsplätze angeboten werden.

Ist es sicher, dass die Große Koalition weitergeführt wird?

Das ist nicht ausgemachte Sache, sondern hängt davon ab, wie die Parteien abschneiden. Der Grundgedanke des „Alle-Mann-Manövers“ bleibt jedoch richtig.

Wie soll die neue Landesregierung denn aussehen? Die Mehrheit in der SPD setzt derzeit auf rot-grün – wie Sie. Henning Scherf will schwarz-rot.

Wir setzen auf unsere eigenen Fähigkeiten. Jeder, der sich am 25. Mai bewirbt, muss zudem darauf achten, ein konstruktives Verhältnis zum Bund einzunehmen und Bremen nicht ständig ins Abseits zu stellen.

Wer ist denn bei den Bremer Grünen senatorabel?

Es steht mir nicht zu, die Konkurrenz zu beurteilen. Aber: Ich habe als Finanzsenator vorzüglich mit den Grünen und der FDP zusammengearbeitet.

Wollen Sie eine Ampel?

Das ist nie ausgeschlossen. Aber die FDP hat auch diesmal keine Chance.

Können Sie sich vorstellen, wieder nach Bremen zu kommen?

Ich war schon Innen-, Justiz-, Sport- und Finanzsenator. Und: Keiner derjenigen, die sich empfohlen haben, ist ausgeschieden. Ich kehre nur in Verantwortung nach Bremen zurück, wenn es unvermeidlich ist.

Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zu Henning Scherf?

Menschlich, herzlich, dienstlich, nüchtern.

Und wer wird sein Nachfolger: Jens Böhrnsen oder Bildungssenator Willi Lemke?

Das werd’ ich doch hier nicht ausplaudern.

Interview: Kai Schöneberg