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„Klima der Respektlosigkeit“

Der geplante Umbau der Bremer Stadthalle schlägt Wellen – auch im fernen Wien

Im Wiener Zentrum, am Stubenring, prangt derzeit ein großes Banner mit einem Bild der Bremer Stadthalle. Der darüber gelegte Schriftzug an der Außenwand des MAK, des renommierten Museums für Angewandte Kunst, verheißt allerdings nichts Gutes: „Abschied von Architektur“.

Der Protest gegen den geplanten Umbau der Bremer Stadthalle ist in Wien besonders heftig, da Stadthallenarchitekt Roland Rainer zu den wichtigsten Vertretern der österreichischen Gegenwartsarchitektur gehört. „Wir wollen am Beispiel der Bremer Stadthalle zeigen, wie bedenklich der Umgang mit zeitgenössicher Architektur mittlerweile geworden ist“, erläutert Kurator Rüdiger Andorfer.

In der Tat lässt die Ausstellung, die gerade vom österreichischen Staatssekretär für Kunst und Medien, Franz Morak, eröffnet wurde, kein gutes Haar an der Bremer Baupolitik. Von einem „Klima der Respektlosigkeit“ ist da die Rede, von „völliger Zerstörung des Erscheinungsbildes“ und von „verantwortunglosen Entscheidungsträgern“.

Pläne, Modelle und Fotografien führen vor Augen, wie die geplante Aufstockung um acht Meter den Grundgedanken der Konstruktion – Dach und Tribünen hängen an den mächtig auskragenden Betonträgern – ad absurdum führt. Schon bald nach seiner Fertigstellung (1964) galt der Bau als bahnbrechende Architektur- und Ingenieursleistung.

Die Wiener Ausstellung (die auch im Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte gezeigt werden soll) weist deutlich auch auf einen zweiten kritischen Punkt im Umgang mit der Stadthalle hin: Den seitlichen Anbauten, die der Silhouette des früher einsam-monumental über der Bürgerweide aufragenden Gebäudes empfindlich nahe rücken. In Planung ist derzeit ein weiterer mehrstöckiger Anbau als Foyerraum.

Doch auch in Bremen wächst die Front der Kritiker. In der jüngsten Ausgabe der „Zett“, des Kulturmagazins von Schlachthof und Lagerhaus, ist eine sehr präzise Kritik an den vermeintlichen wirtschaftlichen Effekten des Umbaus zu lesen. Und nach der Architektenkammer, dem „Bund Deutscher Baumeister“ und dem „Bund Deutscher Architekten“ hat jetzt auch der Fachbereich Architektur der Hochschule den geplanten Umbau als „mühselig, verkrampft und unverantwortlich“ verurteilt. Es entstehe ein „dekorierter Schuppen“, bei dem Schaufassade und Innenraum nichts miteinander zu tun hätten.

Derweil betont Senatssprecher Klaus Schlösser, dass „im Interesse der Konkurrenzfähigkeit“ mit anderen Städten an den Plänen festgehalten werden müsse. Nach dem 39 Millionen Euro teuren Umbau (das seitliche Foyer schlägt noch einmal mit 7,4 Millionen Euro zu Buche) soll die Halle 14.300 statt, wie bisher, rund 12.000 ZuschauerInnen Platz bieten.

Henning Bleyl

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