Zum Überleben verdammt

British Energy – einst staatlicher Energieriese – ist pleite und muss doch weiterleben: Einmottung seiner acht Atomkraftwerke wäre teurer als ihr Weiterbetrieb. Der Schuldenberg ist 5,2 Milliarden Pfund groß, die Rechnung zahlen die Steuerzahler

aus Dublin RALF SOTSCHECK

Die Regierung wird es schon richten, sagte man sich bei British Energy, dem Stromerzeuger, der 1996 von der damaligen Tory-Regierung privatisiert wurde. Seit September ist der Konzern praktisch zahlungsunfähig. Dass es sich die britische Regierung rund 2 Milliarden Pfund Steuergelder kosten lässt, um das marode Unternehmen vor dem Bankrott zu bewahren, hat einen besonderen Grund: British Energy gehören acht Atomkraftwerke, darunter das unfallträchtige Sizewell B in Suffolk.

Man kann sie ja nicht einfach dichtmachen. Die laufenden Kosten bei einer Einmottung der Atomkraftwerke wären höher als die Betriebskosten und müssten ohnehin von der Regierung übernommen werden. Dafür hat sie bei der Privatisierung garantiert, sonst wäre sie auf dem Atompaket sitzen geblieben. Auch so hat man lediglich 1,4 Milliarden Pfund dafür bekommen, der Aktienpreis lag damals bei 2,03 Pfund. Am Wochenende ist er auf 7,5 Pence gesunken. Die Regierung hat nämlich Bedingungen an ihre Nothilfe geknüpft. So bekommt British Energy zwar bis zu 200 Millionen Pfund im Jahr, und das für mindestens zehn Jahre, doch die Aktionäre müssen sich mit 5 bis 10 Prozent ihres Aktienwerts nach der Neustrukturierung des Unternehmens begnügen. Außerdem muss der Konzern seine nordamerikanischen Filialen verkaufen. British Energy beschäftigt 5.200 Menschen in Großbritannien und versorgt mehr als ein Fünftel Britanniens mit Strom. Es ist der größte private Anbieter von Atomstrom in der Welt. Darüber hinaus muss das unverkäufliche staatliche British Nuclear Fuels (BNFL), dem die ebenso bankrotte Atomfabrik Sellafield gehört, mit dem Preis für die Wiederaufarbeitung der British-Energy-Brennstäbe heruntergehen.

Im Gegenzug soll British Energy jedes Jahr 20 Millionen Pfund sowie 65 Prozent seiner Profite herausrücken, um die Schulden von 5,2 Milliarden Pfund abzubauen. Das kann lange dauern: Schließlich ist der Konzern zahlungsunfähig, weil die Überkapazitäten nach der Marktliberalisierung dafür sorgten, dass die Strompreise für Großabnehmer um 37 Prozent gefallen sind. Kein Stromanbieter schreibt derzeit schwarze Zahlen.

Deshalb ist die Konkurrenz –darunter die deutschen RWE und Eon – über die Regierungshilfe für die klamme Atomstromfirma erbost. Zwar hat die EU entschieden, dass ein Regierungskredit in Höhe von 650 Millionen Pfund mit Laufzeit bis März rechtens sei. Greenpeace und die Ökostromfirma Ecotricity wollen dennoch dagegen klagen.

Einen Sündenbock hat die Regierung bereits ausgemacht: Robin Jeffrey, der Aufsichtsratvorsitzende und Geschäftsführer, musste gerade seinen Hut nehmen. Im Mai hatte er noch ein rosiges Bild seines Unternehmens gemalt. Trotz Verlusten in Höhe von 493 Millionen zahlte er den Aktionären eine großzügige Dividende. So fielen die aus allen Wolken, als ihre Firma im September zahlungsunfähig war.

Jeffrey wird seine Entlassung verschmerzen können. Er erhält eine Abfindung von 336.000 Pfund und eine Rente von 150.000 Pfund im Jahr. Sein Nachfolger wird Adrian Montague. Der Bankmanager kennt sich bestens aus mit gescheiterten Privatisierungen. Er hatte Railtrack, das für das britische Schienennetz zuständig war, nach seinem Konkurs erneut verstaatlicht.