: Hans Eichel will nichts eingeschenkt haben
Heftiger Schlagabtausch im Bundestag: Finanzminister wehrt sich gegen den Vorwurf des Wahlbetrugs
BERLIN taz ■ In einer bissigen und kämpferischen Rede hat sich Bundesfinanzminister Hans Eichel gestern gegen den Vorwurf des Wahlbetrugs verteidigt. „Da lasse ich mir von Ihnen keinen einschenken“, sagte Eichel gestern Vormittag während der Haushaltsdebatte an die Adresse der Opposition, „da wird zurückgeschossen.“ Die rot-grüne Koalition muss sich bis Donnerstag im Bundestag für die außerplanmäßig hohe Neuverschuldung in den Bundeshaushalten 2002 und 2003 rechtfertigen.
Nachdem der CDU-Politiker Peter Altmaier die Finanzpolitik der Koalition mit „Bilanzfälschung“ von Unternehmen verglichen hatte, warnte Eichel gestern vor der „Verrohung der politischen Sprache“. Ähnlich dem Ende der Weimarer Republik trage die Union mit ihrer Lügen-Debatte dazu bei, „die politische Klasse kaputtzumachen“, ereiferte sich der Finanzminister.
Er freue sich, so Eichel, auf den Untersuchungsausschuss, der nach dem Willen der Union den vermeintlichen rot-grünen Wahlbetrug aufklären soll. Die Opposition habe die Lage der Staatsfinanzen vor der Bundestagswahl im September selbst zu positiv eingeschätzt und deshalb Wahlversprechen von „21 Milliarden Euro“ gemacht. Im Zusammenhang mit dem vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) initiierten Betrugsausschuss redete Eichel CDU-Chefin Angela Merkel mit „Frau Koch“ an, was ihm den Spott der Opposition eintrug.
CDU-Fraktionsvize Friedrich Merz drohte Eichel an, er müsse im Ausschuss unter „Strafandrohung“ die Wahrheit sagen. Eichel solle am besten gleich zurücktreten, forderte CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann.
Wann der Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufnimmt, steht derweil in den Sternen. Der Beginn werde „mit Sicherheit nicht“ diesen Donnerstag sein, sagte der designierte SPD-Obmann im Ausschuss, Dieter Wiefelspütz. Die SPD will erst die Verfassungskonformität des Ausschusses überprüfen lassen.
Der Finanzminister räumte ein, dass die Zahl der Arbeitslosen im Winter über vier Millionen steigen werde. Er kündigte „große Herausforderungen“ und harte Einsparungen an.
CDU-Fraktionsvize Merz konterte, es sei klar, dass Eichel sein großes Ziel, im Jahr 2006 keine neuen Schulden zu machen, nicht werde einhalten können.
HANNES KOCH
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