Ein Legalist: Dr. Böse und Ritter Kuno

Auf der Innenministerkonferenz empfiehlt der Vorsitzende aus Bremen die „Rückführung“ der Kosovo-Roma

Im Guten wie im Bösen: Der Mann ist Legalist. Deshalb will Kuno Böse (CDU), derzeit Gastgeber der Innenministerkonferenz in Bremen, auch ab dem kommenden Sommer Romaflüchtlinge ins Kosovo „zurückführen“ – trotz der trostlosen wirtschaftlichen Perspektiven, die er kürzlich bei einem Kosovobesuch konstatierte. „Nach den deutschen Gesetzen kann es kein Bleiberecht aus wirtschaftlichen Gründen geben“, stellt der Bremer Innensenator nüchtern fest. Es gebe derzeit durchaus Regionen, in denen die Sicherheit der Roma nicht mehr grundsätzlich gefährdet sei.

Sicherheit – das andere große Thema für Kuno Böse und ein Grund dafür, dass er einst von der eher laxen FDP zur CDU wechselte. Seit dem 11. September trägt er „Sicherheitsrisiken“ wie eine Monstranz vor sich her, die im beschaulichen Bremen befremdlich wirkt. Bundesweite Aufmerksamkeit trug ihm sein Vorstoß ein, am Grundgesetz zu knabbern: Zur Entlastung der Polizei will er die Bundeswehr beim Objektschutz einsetzen.

Im kleinsten Stadtstaat ist Böse nicht ganz angekommen: „Hier gibt’s ja überhaupt keine Juristen“, gehört zu den freundlicheren Äußerungen über seine Verwaltung. Allzu oft treibt ihm der typisch bremische „kleine Dienstweg“ die Zornesröte ins Gesicht – dann gehen Freund und Feind in Deckung. Seinen altgedienten Polizeichef hat der gefürchtete Choleriker nach ein paar Monaten aus dem Amt geekelt. Nach einem Streit mit seinem Stadtamtsleiter sprang er wutentbrannt in die Dienstlimousine und nietete beim Zurücksetzen eine Statue um. Wer aus seinem Temperament und seinem unrühmlichen Abgang als Berliner Innenstaatssekretär – er soll die Justiz unter Druck gesetzt haben – allerdings schloss, mit Böse komme ein rechtspopulistischer Hardliner und Krawallmacher an die Weser, sah sich getäuscht.

Natürlich spürt Böse, dem man nachsagt, er sei nur als Staatsrat gekommen, um seinen angeschlagenen Senator zu beerben, was die CDU von ihm will: Seinen als Laschi verschrienen Vorgänger vergessen machen und nach rechts für einen Schill keinen Platz lassen. Schließlich will sich der ehrgeizige promovierte Historiker mit seinem Bremer Intermezzo für höhere Aufgaben empfehlen. Dennoch ist der Schnelldenker zu feinen Differenzierungen in der Lage: Die vom Vorgänger geerbte Kampagne für die Abschiebung libanesischer Kurden zog er kompromisslos durch. Als aber das Verwaltungsgericht befand, zumindest die zweite Generation könne unter bestimmten Umständen bleiben, ließ er dies klaglos geschehen. Streng legalistisch eben – und dem Klima in der großen Koalition zuträglich.

In puncto Zuwanderung ist Böse kein Ideologe: Zwar beklagt er seit seiner Kandidatur in Kreuzberg das Entstehen von „Parallelgesellschaften“. Aber seine Lösung heißt nicht Abschottung, sondern Integration, weshalb er für Schilys Zuwanderungsgesetz mehr Sympathien hat als in der CDU gesund ist. Dass Integration für den weltgewandten Böse keine Floskel ist, zeigte er, indem er die Sprachprüfung für Einwanderer unbürokratisch den Volkshochschulen überließ. Praktischerweise ist er als Kultursenator auch hier der Dienstherr und wird respektiert, weil sich „Ritter Kuno“ im Senat für die häufig „konsumtiv“ geschmähte Kulturszene in die Bresche wirft. JAN KAHLCKE