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Die Ölpest wird zur Chefsache

Spaniens Premier entdeckt die Folgen des Untergangs der „Prestige“ als „spanisches Tschernobyl“. Auch in Frankreich läuft der Krisenstab auf Hochtouren. Ölsperren sollen der Verschmutzung vorsorgen. Ein Ende der Katastrophe ist nicht absehbar

MADRID/BERLIN dpa/afp/taz ■ Drei Wochen hat er sich Zeit gelassen. Dann haben die Proteste gewirkt. Seit Samstag ist der spanische Ministerpräsident José María Aznar persönlich gegen die Ölpest an der Atlantikküste im Einsatz. Und prompt brandmarkte er die bislang heruntergespielten Folgen denn auch als „spanisches Tschernobyl“. Als Erstes erklärte er das Krisenkomitee zur Chefsache und übernahm die Leitung – eine Aufgabe, die er bislang seinem Vize Mariano Rajoy überlassen hatte. Die französische Regierung will dagegen zeigen, dass sie von Anfang an alles im Griff hat und auf das Überschwappen der Ölpest an die südwestfranzösische Küste vorbereitet ist. Umweltministerin Roselyne Bachelot und Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie fuhren gestern an die baskische Küste. Premierminister Jean-Pierre Raffarin rief zu einer Krisensitzung.

Inzwischen soll der Großteil des Öls aus dem gesunkenen Tanker „Prestige“ ausgelaufen sein. Nach Ansicht von Meereswissenschaftlern aus Vigo und La Coruña enthält das Wrack nur noch etwa ein Drittel der 77.000 Tonnen. Ein norwegisches Spezialschiff begann, das Öl von der Wasseroberfläche abzusaugen. Wegen der Windverhältnisse landet der schmierige Film derzeit vor allem in Asturien, mehr als 60 Strände sind verseucht.

Das Krisenkomitee beschloss, zusätzliche Mittel aufzubieten, und forderte rund 2.000 Soldaten zur Reinigung der Strände an. Zudem will sich Aznar selbst vor Ort begeben. Geschädigte Fischer und Schiffseigner in Galicien könnten ab heute mit finanziellen Hilfen rechnen, kündigten die dortigen Behörden an.

Frankreich setzt vor allem auf schwimmende Barrieren. Nachdem vor der Küste fünf etwa 5 Meter breite und 100 Meter lange Ölteppiche aufgetaucht waren, sollen vor den Buchten und Häfen von Hendaye, Saint-Jean-de-Luz, Biarritz und Anglet Ölsperren entstehen. Französische Fachleute gehen davon aus, dass sich das Öl weiter verteilt und über Monate hinweg an den Küsten ankommt. Austernzüchter und Hoteliers befürchten eine „Psychose“ ihrer Kunden.

Unterdessen könnte ein ganz neues Problem blühen: Vor der asturischen Küste fand die Küstenwache einen Container mit der Aufschrift „IMO 7“, die normalerweise einen radioaktiven Inhalt anzeigt. Bei Redaktionsschluss gab es noch keine Erkenntnisse darüber, woher der Behälter stammt. BW

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