: Papiertheater mit Wasser
Die in der Galerie CAI präsentierten Werke des japanischen Künstlers Etsuro Kato erzählen vieldeutig von der wässrigen Kunst des Verschwindens
Wer sich in Hamburg für japanische Kunst interessiert, findet im Museum für Kunst und Gewerbe schöne Objekte in alter und moderner Tradition. Wer zeitgenössische Kunst und Performance aus Japan sehen will, biege einmal um die Ecke: Die Vernissagen der Galerie Contemporary Art International unterhalb der Markthalle sind eine Attraktion.
Die dritte Ausstellung eröffnete der Performance-Künstler Sakouzou Nagira mit einem Papiertheater. Hinter einer Wand aus Zeitungen war lange Zeit nur Rascheln und Zerreißen von Papier zu hören. Viel, viel später griffen Hände nach außen, öffneten eine Passage, und ein in Papier gehüllter Mensch mit riesigem Aquarium-Kopf tauchte – nebst Fahrrad – durch. Drinnen hatte Nagira mehrere Zeitungs-Vorhänge mit Wasser bepinselt und aufgeweicht. Nagira verwandelte das traditionelle mobile Papiertheater, das von einem Fahrrad aus gespielt wird. Mit der Wasserprozedur greift er das Material des ausstellenden Malers Etsuro Kato auf – der fast nur mit Wasser malt.
Wie aus einem Schneegestöber lässt Etsuro Kato aus nebligem Weiß pastellene Farbflächen aufscheinen. Als ließe ein Vorhang die Schärfe verschwimmen, droht die pudrige Leichtigkeit der Farbe zu verschwinden. Dennoch werden Formen sichtbar: ein Rastersystem aus Gittern und Punkten liegt auf, das entfernt an Pixel erinnert, aber nichts damit zu tun hat.
Jede Form entsteht bei dieser Prozedur aus der jeweils anderen, es lässt sich nicht unterscheiden, was Vorder- oder Hintergrund ist. Oberfläche und Tiefe liegen auf einer Ebene. Das Geheimnis der gleichzeitig abstrakten und organisch wirkenden Bilder liegt in ihrer aufwändigen Herstellung.
Der 1954 in Gifu geborene und in Osaka lebende Etsuro Kato verwendet Farbe in homöopathischen Dosen: in einem Tropfen Tusche auf einen Liter Wasser rührt er Farbe an. Nur in Spuren, quasi einer Essenz der Farbpigmente, trägt er die Wasserfarbe mit Pinseln auf. Dabei hat er einmal die Durchgänge der lasierenden Bearbeitung gezählt: genau 2.400 Mal fuhr er mit dem Pinsel über das Papier – bis sich aus dem Nichts des Wassers Farbspuren verdichteten. Die Dauer, Konzentration und Beharrlichkeit der Herstellung verbindet sich mit den verhaltenen Konkretionen der Farbe und Formen zu einer meditativen Bildwirkung. Lisa Monk
bis 23. Dezember sowie 12.–29. Januar, Mi –So 12–18 Uhr, Klosterwall 13
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