Erfolgreiche Polinnen erfreuen Wowereit

In Sachen Osteuropa, heißt es immer wieder, lasse es der Regierende Bürgermeister am nötigen Engagement vermissen. Also machte sich Klaus Wowereit auf den Weg, die Berliner Mittel- und Osteuropakompetenz zu erkunden

Dass der Osteuropabeauftragte des Senats seinen Regierenden Bürgermeister kennt, darf man voraussetzen. Dass der Regierende Bürgermeister seinen Osteuropabeauftragten zwar vom Gesicht her kennt, nicht aber mit richtigem Namen, könnte ein böses Omen sein. Oder aber ein Anlass, Besserung zu geloben. Nachdem Klaus Wowereit besagten Osteuropabeauftragten Wolfram O. Martinsen gleich zweimal „Matthiesen“ nannte und daraufhin freundlich, aber bestimmt zurechtgewiesen wurde, erwiderte der Gescholtene: „Herr Martinsen hat ein großes Herz, nicht nur für Berlin, sondern auch für Osteuropa.“

Und das ist auch nötig. Immerhin steht nicht nur der Regierende Bürgermeister im Ruf, in Sachen Mittel- und Osteuropapolitik das nötige Engagement vermissen zu lassen. Auch der Europabeauftragten im Range einer Staatssekretätin, Monika Helbig, wirft die Opposition immer wieder vor, den Blick eher in Richtung Brüssel als nach Warschau zu richten. Gründe genug gab es also für den Regierenden Bürgermeister, einmal die Richtung zu wechseln. Nachdem die Senatskanzlei bereits vor einigen Wochen eine „Mittel- und Osteuropa-Initiative“ gestartet hatte, folgte gestern der dazugehörige Anschauungsunterricht.

Und der begann in Adlershof beim Ost-West-Kooperationszentrum, einer Anlaufstelle für osteuropäische Unternehmen und, wie es Martinsen sagte, der „Leuchtturm der Berliner Mittel- und Osteuropakompetenz“. Das durften dann auch Unternehmerinnen wie Irina Raschendörfer vom deutsch-ukrainischen Softwareunternehmen Germol unter Beweis stellen. Ihrem Erfolsgrezept für spezielle Softwarelösungen – „deutsche Qualität, ukrainische Preise“ – wäre eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, hätte ihr Unternehmerkollege Norbert Langhoff nicht den Finger auf die Wunde gelegt: „Um eine Arbeitserlaubnis für osteuropäische Spezialisten zu bekommen, braucht die Ausländerbehörde über ein halbes Jahr. Für ein Projekt mit einer Laufdauer von zwei Jahren ist das ein Unding.“ Eine ungarische Unternehmerin sprach sogar von „leidvollen Erfahrungen“.

Monika Helbig hörte es und schrieb fleißig mit, der Regierende Bürgermeister verwies später auf das „Berlin Business Welcome Package“. Das enthält zum Preis von 2.500 Euro zwar einen Faxanschluss, ein Handy und eine BVG-Karte, aber leider keine Aufenthaltserlaubnis.

Da haben es die Unternehmerinnen von Nike einfacher. Fast alle kamen sie in den Achtzigern aus Polen nach Berlin, und alle haben sich, wie Lucyna Królikowska betonte, beruflich inzwischen voll etabliert. Und nun hat der ehemalige Club der polnischen Frauen e. V. auch noch seinen Namen geändert. „Nike“, sagt Królikowska, „steht für erfolgreiche Unternehmungen.“

Wie zum Beweis stellten sich im von einer polnischen Familie geführten Dreisternehotel „Martim“ in der Fuggerstraße acht Unternehmerinnen vor, darunter auch Katarzyna Langewitsch, die ihre Anwaltspraxis ganz bewusst nicht in Hamburg, sondern in Berlin gegründet hat.

Überhaupt war bei den polnischen Unternehmerinnen viel die Rede von der Berliner Lage als Ost-West-Drehscheibe, aber auch von den Versäumnissen, diesen Vorteil rechtzeitig zu nutzen. Statt energisch zu protestieren, saß der Regierende inmitten der Frauenriege und freute sich des derart charmant vorgetragenen Selbstbewusstseins.

Und das war auch richtig so. Auf die Frage, ob bei Nike auch erfolgreiche Männer mitmachen können, antwortete Królikowska: „Natürlich. Sie können sich vorstellen, wie viele gute Ratschläge wir von unseren männlichen Kollegen bekommen. Auf diesen versammelten Sachverstand wollen wir nicht verzichten, allerdings nur im Beirat des Vereins und ohne Stimmrecht.“

Tief im Westen angekommen, war sie also wieder in Schwung gekommen, die Ost-West-Drehscheibe Berlin. Doch seine wirkliche Osteuropatauglichkeit wird Klaus Wowereit erst unter Beweis gestellt haben, wenn er auch den Innensenator und die Ausländerbehörde in die Mittel- und Osteuropainitiative einbezogen hat. UWE RADA