Bibel im Zwinger

„Tiere haben eine Seele“ – Bischöfin Jepsen und Tierheim-Chef Poggendorf warnen davor, Tiere als niedliche Weihnachtsgeschenke zu missbrauchen

„Tiere können nicht einfach in den Ascheimer geworfen werden.“

von KAI VON APPEN

Er heißt „Sam“ und ist ein Hovawart-Setter. Seine Nachbarinnen sind „Filou“, eine Bullterrier-Hündin, und „Fee“, eine weiße Hankey-Dame. Beiden hocken traurig in ihren tristen Zwingern im Tierheim an der Süderstraße – zusammen mit dem Rottweiler „Scotty“ und Mischling „Tiger“. Alle warten eigentlich auf ein neues Zuhause. Doch Tierheim-Chef Wolfgang Poggendorf warnt vor falsch verstandener Tierliebe gerade vor Weihnachten und davor, Vierbeiner als Geschenk unter dem Christbaum zu missbrauchen.

„Im vorigen Jahr bekamen wir schon an Weihnachten 150 Tiere zurück“, sagte Poggendorf gestern auf der Weihnachtsfeier im Tierheim, bei der es für alle Hunde und Katzen eine Extraration Leckereien gibt. „Eine Sonderportion stimuliert die Tiere und versetzt sie in eine Art positive Erregung.“

„Tiere sind keine Präsente“, warnt Poggendorf eindringlich. Der Frust über das Kuscheltier kann bereits am Heiligabend beginnen, meint Poggendorf: „Wenn der Hund noch nicht so richtig erzogen ist und plötzlich einen Schuh anknabbert oder die Katze auf den Teppich macht.“ Daher sollten ernsthafte Tierliebhaber, die ihre Kinder mit Hund oder Katze beschenken wollen, sich erst mal gemeinsam während derFeiertage über die Folgen Gedanken machen und sich informieren. „Und nach Weihnachten in Ruhe ein Tier aussuchen.“

Das Tier als Lebewesen und Freund zu sehen mahnt auch Hamburgs Bischöfin Maria Jepsen, die eigens zur Weihnachtsfeier der Tierheim-Pfleglinge gekommen ist, um den Menschen ins Gewissen zu reden. „Tiere müssen als Geschöpfe wahrgenommen werden, die eine Seele haben“, so die Theologin. „Tiere können nicht einfach in den Ascheimer geworfen werden.“ Daher sei „der Tierschutz schon in der Bibel verankert“.

Trotzdem war es laut Poggendorf kein gutes Jahr für Tiere: „Immer wieder werden Tiere manipuliert, damit sie schneller wachsen.“ Poggendorf denkt aber auch an die Kampfhunde-Hysterie, die seit dem tödlichen Pittbullbiss von Wilhelmsburg im Juni 2000 in Hamburg herrscht.

Damals hatte der rot-grüne Senat eine neue Hundeverordnung erlassen und für bestimmte Rassen die Zwangsunterbringung in der Harburger Hundehalle angeordnet. Erst durch einen geschickten Deal war es dem Tierheim-Chef im Januar gelungen, die 150 „Kategorie I“-Tiere aus dem Kampfhunde-Knast befreien und in Tierheimen anderer Bundesländer unterzubringen, von wo aus sie weitervermittelt werden konnten. Inzwischen hat das Bundesverwaltungsgericht „Rasse“ als Einstufungskriterium für die Gefährlichkeit von Hunden für rechtswidrig erklärt.