: Keine Spur von Firma
Das beste der Sommerreihe „Cinema! Italia!“: Die Zeise-Kinos zeigen neue Filme aus Italien
„Azienda Italia“ – „Firma Italien“: So skizzierte Silvio Berlusconi vor Jahren seine Vorstellung einer „italienischen Revolution“. Damit verbunden war ein Großreinemachen in der Kulturpolitik, hin zur „effizienten“ Kunstproduktion. In Sachen Film heißt das Signal: Weg vom „schmutzigen“, sozial engagierten Kino der letzten Dekaden, das geprägt war von Gesellschaftskritik und Alltagserkundungen.
Der Ruf ist sicherlich angekommen, nur umgesetzt wurde er glücklicherweise noch nicht. Das demonstriert jedenfalls die Reihe „Cinema! Italia! – Neues italienisches Kino“, die von heute an bis zum Sonntag in den Zeise-Kinos gezeigt wird: Filme, in denen es manchmal komisch und herzlich zugeht, öfter aber traurig, hässlich und ungerecht.
L‘inverno – Winter ist die Geschichte einer düsteren Obsession. Im Mittelpunkt stehen zwei Paare: Nach außen halbwegs erfolgreich, glücklich und stylish, will ihnen partout kein Miteinander gelingen. Die Partner richten sich kunstvoll gegenseitig zu Grunde, gepeinigt von der Unfähigkeit, sich einander zu nähern – und sei es nur durch Sprache. L‘inverno von Nina di Majo ist ein herausfordernder Film, und seine brutale Ästhetik macht ihn nur umso reizvoller.
Durch anthropologische Genauigkeit zeichnet sich Tornando a casa – Kurs Heimat aus. Rauh und hart ist das Leben von Franco, Samir und ihren neapolitanischen Fischer-Kollegen: von „Firma Italien“-Optimismus keine Spur. Alle Strategien, wirtschaftlich auf den Beinen zu bleiben, scheitern, ja, machen alles nur noch schlimmer. Präzise und empathisch verfolgt Regisseur Vincenzo Marra die Wege der Protagonisten. Wilderei außerhalb der italienischen Hoheitsgewässer mit anschließender Polizei-Verfolgungsjagd, die glückliche Rückkehr nach Neapel, der Tod der Lebensgefährtin, ein Selbstmordversuch: Immer gibt Marra seinen Figuren Zeit, lässt Widersprüchen Raum.
Am Eröffnungsabend tritt der Pianist und Komponist Ludovico Einaudi in den Zeise-Kinos auf. Fans von italienischem Kino dürfte er durch die Filmmusik zu Nicht von dieser Welt und Luce dei miei occhi bekannt sein.
Katrin Aue
Zeiten und weitere Filme siehe Kinoprogramm; Verleihung des Publikumspreises: Sa, 20 Uhr, Zeise
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