die welt des george w. bush, von ihm selbst durch ein fernglas betrachtet von WIGLAF DROSTE
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Hin und wieder elektropostet mir Herr K. aus D. Dateien mit Politikerfotos, die nichts mit der verniedlichenden Schmunzelware zu tun haben, die Illustrierte in ihren Humorecken anbieten. Der Anblick Gerhard Schröders, der beim Fernsehinterview mit dem ARD-Journalisten Ulrich Deppendorf auf einem etwa 15 Zentimeter hohen Podest steht, um auf dem Bildschirm groß, chefig und kompotent zu wirken, verrät viel über den manipulativen, propagandistischen Charakter aller medialen Inszenierung. Auf dem Fernsehschirm war Schröder künstlich gestreckt und die Illusion perfekt. So präzisiert das Foto die Rezeption des Medienmutanten Schröder. Man sieht ihn und weiß gleich: Ah, da kommt der Abgesägte mit den gigantischen Einlagen; gleich wird er auf die Apfelsinenkiste steigen und loslegen.

Von Schröders Vorgesetztem George Warlord Bush bekam ich gleich zwei Ansichten gemailt. Auf der ersten sieht man Bush auf einem Stuhl sitzen, an einer blauen Wand hinter ihm hängt ein Plakat: „The Preamble to the U.S. Constitution“. Auch ein Foto der Freiheitsstatue und ein gesternter und gestreifter geografischer Umriss der Vereinigten Staaten sind an die Wand gepinnt. Neben Bush steht ein vielleicht zehn Jahre altes Mädchen; konzentriert betrachtet der Erwachsene das Kind, das ein aufgeklapptes Buch mit dem Titel „America“ hält. Auch der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hält ein Exemplar dieses Buches in seinen Händen – allerdings so, dass die Buchstaben auf dem Kopf stehen.

Das zweite Bush-Foto zeigt den Mann zwischen zwei Militärs. Alle drei sieht man im Profil bis knapp oberhalb der Hüfte, der Soldat links neben dem Präsidenten trägt Uniformjacke und Käppi in Tarnfarben, der Mann rechts trägt statt des Mützchens ein schwarzes Barett, am Kragen seiner Uniformbluse sind vier Sterne zu sehen, auf der Brust die Aufschrift „U.S. Army“ und der – vorn abgeschnittene – Name „wartz“. Bush trägt eine grüne Fliegerjacke, knapp unter der Schulter ist die US-Flagge aufgenäht. Durch ein Fernglas sieht der Präsident in dieselbe Richtung, in die auch die beiden anderen Männer schauen. Beide Linsen des Feldstechers sind mit schwarzen Schutzkappen verhüllt.

Die Bilder von George W. Bush zeigen keine medialen Pannen, sondern menschliches Versagen – der vermeintlich mächtigste Mann der Welt ein Stümper, ein Depp, eine Wurst. Fehler und Patzer, behauptet die Illustriertenweisheit, machten Politiker weicher, kuscheliger und menschlicher. Nichts davon ist wahr: Dass der Raketenwerfer und Stalinorganist Rudolf Scharping ein Idiot war, verlieh ihm noch kein menschliches Antlitz. George W. Bush mag nicht in der Lage sein, ohne Blamage ein Buch zu halten oder ein Fernglas zu benutzen – das macht ihn weder human noch knuffig. Eine Weltanschauung, die das Wort Intelligenz Bomben zuordnet, bedarf keiner menschlichen Intelligenz. Im Gegenteil – wenn Krieg geführt werden soll, gilt das Prinzip: je dümmer, desto bumm. Wer könnte das gültiger vertreten als George W. Bush?