: Hannover gibt den Takt vor
Lohnt sich der umstrittene Ausbau der Bremer Stadthalle? Ja, sagt ein Gutachten. Ohne haben wir keine Chance, sagt die Betreiberin HVG. Dann würden auch kleinere Konzerte abwandern
Die Ausbaupläne für die Bremer Stadthalle stützen sich auf ein umstrittenes Gutachten des Bremer Ausschusses für Wirtschaftsforschung (vgl. taz vom Wochenende). Torsten Haar, Sprecher der Hanseatischen Veranstaltungsgesellschaft (HVG), erklärt, warum an Umbau und Erweiterung des modernen Klassikers aus Betreibersicht kein Weg vorbei führt.
taz: Das Gutachten zur Stadthalle geht davon aus, dass in vier Jahren gar nichts mehr in der Stadthalle stattfinden würde, wenn man jetzt nicht ausbaut. Deshalb werden auch alle Arbeitsplätze der dann ausgebauten Halle zugeschlagen. Ist denn eine Renovierung ganz undenkbar?
Torsten Haar: Eine Renovierung der Stadthalle wurde als Variante geprüft. Allein die notwendige technische Erneuerung und Anpassung an heutige Sicherheitsstandards würde mehr als 16 Millionen Euro kosten, ohne dass ein qualitativer Fortschritt gelingt und ohne Service und Komfort zeitgerecht zu gestalten.
Als Begründung für den Ausbau wird die Konkurrenzfähigkeit gegenüber den Hallen in Hannover, Kiel und Hamburg genannt. Warum muss Bremen in derselben Größenordnung reüssieren? Reüssieren ist das richtige Wort: Es geht darum, Erfolg zu haben, der sich in vielen und guten Veranstaltungen und in klingender Münze ausdrückt. Als Konzertveranstalter entscheide ich mich für die Halle, die die besten Möglichkeiten bietet. Wenn ich also die Wahl habe zwischen einer Halle, die im Fassungsvermögen so gerade eben ausreichen könnte, und einer Halle, die – falls der Vorverkauf besser läuft– auch noch 2.000, 3.000 Besucher mehr aufnehmen kann, muss ich nicht lange überlegen. Zweitens: Fällt die Stadthalle Bremen erst einmal bei den großen Konzerten aus dem Tourkalender, ist die Gefahr groß, auch bei kleineren Konzerten nicht mehr berücksichtigt zu werden. Drittens: Wichtig ist nicht die Höchstbesucherzahl einer Halle, sondern die Zahl der Sitzplätze. Der Ausbau bringt uns bis zu 3.800 Sitzplätze mehr – dadurch bietet die neue Stadthalle eine viel bessere Wirtschaftlichkeit.
Im Gutachten wird ein „Medienwert“ von 17,2 Millionen Euro angenommen. Was genau ist ein Medienwert? Entsprechen dieser Summe Einsparungen bei den Ausgaben für Werbung, etwa beim Bremen-Marketing? In kurzen Worten: Über die Veranstaltungen in der Stadthalle – vom Sechstagerennen bis zu „Holiday on Ice“ – wird in Zeitungen, Zeitschriften, im Hörfunk und im Fernsehen berichtet und das ist ein Stück Werbung. Für die Stadthalle und ebenso für die Stadt. Angenommen, man müsste diese Medienpräsenz über die Schaltung von Anzeigen und Spots künstlich herstellen, dann müsste man viel Geld in die Hand nehmen. Die Gutachter haben einen Wert von 17,2 Millionen Euro ermittelt. Einsparungen in gleicher Höhe ergeben sich dadurch verständlicherweise nicht, auch nicht beim Standortmarketing: Die Medien sind frei in der Entscheidung, ob, wann und wie sie über Veranstaltungen berichten – darum müssen auch in Zukunft Anzeigen und Spots geschaltet werden.
Nach den Berechnungen des Gutachtens amortisiert sich die „neue“ Halle nach 18 Jahren. Werden nicht in der Zwischenzeit neue Investitionen nötig, um konkurrenzfähig zu bleiben? Die „alte“ Stadthalle blieb über fast 25 Jahre nahezu unverändert – ob sich die „neue“ Stadthalle auch so lange als „state of art“ beweisen wird, können wir nicht sagen. Wir gehen aber davon aus, dass innerhalb eines abschätzbaren Zeitraums von zehn, zwölf Jahren keine Nachrüstungen oder Modernisierungen notwendig werden. Der Ausbau – einschließlich des Foyers – ist sehr vorausschauend geplant worden, so dass wir uns auch auf neue Trends vorbereitet sehen.
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