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Deutschland unflexibel und alt

OECD-Wirtschaftsbericht mahnt Reformen auf dem deutschen Arbeitsmarkt und im Bildungsbereich an. Die Bundesrepublik passe sich zu langsam an neue Situationen an

OECD: „Es ist nicht alles schwarz in Deutschland“

BERLIN taz ■ Die Deutschen sind unflexibel. Es fällt ihnen schwerer als den Engländern oder Spaniern, sich an neue Situationen anzupassen – etwa an eine globalisierte Weltwirtschaft. Obendrein werden sie immmer älter und sterben aus. So klingt das Fazit des OECD-Wirtschaftsberichts, der gestern in Berlin vorgestellt wurde.

Zwei Gründe nennt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, warum in Deutschland die Wirtschaft besonders langsam wächst, und das schon seit mehr als 10 Jahren. Erstens: Die Wiedervereinigung. Milliardenbeträge im dreistelligen Bereich flossen seit dem Fall der Mauer in die neuen Bundesländer. „Vom Aufschwung Ost ist immer noch nichts zu sehen“, sagte OECD-Deutschlandexperte Eckhard Wurzel. „Im Osten wurde jahrelang zu viel in soziale Bereiche und in Verwaltung investiert statt in produktive Sektoren.“

Zweitens: Die Gesamtarbeitszeit der Deutschen hat seit Mitte der 90er-Jahre abgenommen. Gleichzeitig ist zwar die Produktivität höher geworden. Allerdings reicht dies nicht aus, um den Verlust an geleisteter Arbeit zu kompensieren. Fazit: Entweder hingen Mitte der 90er-Jahre zu viele Menschen unbeschäftigt an ihren Arbeitsplätzen herum. Oder die Produktion nimmt ab. In jedem Fall aber spricht dies nicht für eine florierende Wirtschaft.

Allerdings nennt die OECD auch Ausnahmen: Einige Industriezweige in Ostdeutschland wachsen mit zweistelligen Raten und sind auf den Exportmärkten erfolgreich. Wurzel: „Es ist nicht alles schwarz in Deutschland.“

Für das nächste Jahr sieht der Club der Industrieländer wenig Chancen auf ein Wachstum von 2,5 Prozent, wie es die Bundesregierung bräuchte, um ihre Sparziele bis 2006 zu verwirklichen. Zwar hält die OECD zumindest an ihrer Sommerprognose fest, die deutsche Wirtschaft werde 2003 um 1,5 Prozent zulegen. Doch seien die Gefahren, dass das Wachstum geringer ausfalle, gestiegen.

Deshalb rät die Organisation zu Reformen. Der Arbeitsmarkt soll – Überraschung! – dereguliert werden, das heißt: Weniger Kündigungsschutz, weniger starre Tarifverträge, höhere Hürden für Sozialhilfeempfänger, geringere Lohnnebenkosten. Die Altersteilzeit gehört abgeschafft, weil sie „ein staatlich subventioniertes Programm für Frühpensionierung ist“. Ebenso lastet die Regel, dass ältere Arbeitnehmer bis zu 32 Monate Arbeitslosengeld beziehen können, völlig zu Unrecht „auf den Taschen der Steuerzahler“.

Die Vorschläge der Hartz-Kommission wertet die OECD positiv. So sei begrüßenswert, dass Beschränkungen, denen Zeitarbeitsfirmen unterliegen, gelockert werden sollen. Allerdings warnen die Experten: Zeitarbeit dürfe nicht zu einem neuen Markt für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden.

Höheren Neuigkeitswert haben die OECD-Vorschläge zur Bildungsreform. „Schulen sollen nicht so stark auf ihren Input schauen, also wie viel Lehrer, Schüler, Material sie haben“, so Wurzel. Stattdessen sollte der Staat „testbare Bildungsziele“ festlegen und die Schulen darauf verpflichten.

Heino von Meyer, Leiter des OECD-Zentrums in Berlin, riet der Bundesregierung in Anspielung auf die diversen Expertenkommissionen zu Arbeitsmarkt, Rente et cetera, „nicht jedes Mal das Rad neu zu erfinden“, sondern „sinnvoll zu adaptieren“, was sich schon in anderen Ländern bewährt hat. Dabei müsse sich das Land stärker „vom nationalen Nabel lösen“. Deutschland dürfe sich nicht mit dem Durchschnitt zufrieden geben, sondern müsse wieder einen Platz unter den Top Ten der Wachstumsnationen anstreben.

KATHARINA KOUFEN

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