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Kommanditisten des Windes

Der Bürgerwindpark Butendiek wird 34 Kilometer vor Sylt mitten in einem möglichem EU-Vogelschutzgebiet genehmigt. 8400 Kommanditisten geben Risikokapital für Stromerzeuger mit einer Leistung von einem Drittel Atomkraftwerk

von GERNOT KNÖDLER

Wer an der Westküste Sylts steht, klares Wetter und ein Fernglas dabei hat, wird ihn 2004 möglicherweise sehen können: Deutschlands ersten großen Offshore-Windpark, 34 Kilometer weit draußen im Meer. Gestern ist er vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in der Bernhard-Nocht-Straße genehmigt worden. Doch das Projekt, in das 8400 Kommanditisten fünf Millionen Euro Risikokapital investiert haben, hat einen Haken: Es liegt mitten in einem Gebiet, das nach einem Gutachten des Nabu als europäisches Naturschutzgebiet ausgewiesen werden müsste.

Auf einem 34 Quadratkilometer großen, trapezförmigen Gebiet sollen in fünf Reihen 80 Windkraftanlagen mit jeweils drei Megawatt Leistung stehen. Das gibt dem Windpark eine bis dato unerreichte Power von 240 Megawatt. Der in Dänemark gerade ans Netz gegangene Windpark Horns Reff schafft mit 80 Anlagen 160 Megawatt, das Atomkraftwerk Brunsbüttel kommt auf 770 Megawatt.

Die Naben der an Land als Prototypen existierenden Anlagen werden 80 bis 90 Meter über dem Meeresspiegel liegen, ihre Rotoren sollen einen Durchmeser von 90 oder 100 Metern haben. Mit vier Herstellern verhandele man zurzeit, sagt Wolfgang Paulsen, einer der neun Initiatoren des Bürgerwindparks. Für die Wahl des Standorts habe es drei Vorgaben gegeben, sagt Paulsen: eine vertretbare Entfernung zur Küste, eine erträgliche Wassertiefe und die Verwendung bewährter Technik.

Das BSH geht in seiner Genehmigung davon aus, dass durch die Windräder „weder die Sicherheit des Schiffsverkehrs noch die maritime Umwelt gefährdet werden“. Die Hauptschifffahrtsrouten verliefen anderswo, erklärte BSH-Präsident Peter Ehlers. Nach einer Risikoanalyse des Germanischen Lloyd sei einmal in 2576 Jahren damit zu rechnen, dass ein Schiff mit einem der Windräder kollidiere.

Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung habe man unterstellt, das Feld läge bereits in einem Schutzgebiet für die gefährdeten Arten Schweinswal, Pracht- und Sterntaucher, sagte Ehlers. Die Ausweisung eines solchen Schutzgebietes ist seit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes im April möglich und dem Nabu zufolge nach den europäischen Naturschutzrichtlinien auch gefordert.

Vor vier Wochen hatte Nabu-Präsident Jochen Flasbarth in der Patriotischen Gesellschaft ein entsprechendes Schutzgebietskonzept vorgelegt. Während der Nabu verlangte, diese Gebiete dürften nicht wirtschaftlich genutzt werden, prüfte das BSH, ob eine Nutzung durch den Windpark umweltverträglich wäre.

Die Kommanditisten des Bürgerwindparks haben mit der Zeichnung des Risiko-Kapitals das Recht erworben, ihre Anteile auf 5000 Euro aufzustocken, so dass die Gesellschaft Butendiek bei 20.000 Anteilen über ein Eigenkapital von 100 Millionen Euro verfügen könnte. Die Investitionskosten gibt Butendiek mit 400 Millionen Euro an. Der größte Teil davon entfalle auf das Stromkabel zum Festland.

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