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Nordkorea reizt die Welt

Die Regierung in Pjöngjang will einen stillgelegten Atomreaktor wieder anfahren und bringt Brennstäbe in die entsiegelte Anlage von Yongbyon. Damit löst sie internationale Proteste aus

SEOUL afp/taz ■ Ungeachtet heftiger internationaler Kritik treibt Nordkorea die Wiederaufnahme seines Atomprogramms weiter voran. Bis gestern wurden Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zufolge etwa 1.000 neue Brennstäbe in den Reaktor der Atomanlage von Yongbyon gebracht. Nordkorea hatte zuvor sämtliche Gebäude der seit 1994 von der UNO gesperrten Anlage entsiegelt und so der Kontrolle der IAEA entzogen.

IAEA-Sprecher Mark Gwozdecky sagte gestern, Nordkorea liefere zur Instandsetzung des Reaktors immer neue Brennstäbe nach Yongbyon. Der Reaktor, der auch zur Herstellung von waffenfähigem Plutonium geeignet ist, habe eine Kapazität von 5 Megawatt und könne mit bis zu 8.000 Brennstäben bestückt werden. Experten zufolge benötigt Nordkorea rund zwei Monate für die Reparatur und Reaktivierung des Reaktors.

Am Dienstag hatte Nordkorea auf dem Gelände der Atomanlage 90 Kilometer nördlich der Hauptstadt Pjöngjang auch die UN-Siegel von einer Fabrik für atomare Brennstäbe entfernt. Zuvor waren bereits die Siegel von einem Atomreaktor, einem Abklingbecken mit 8.000 Brennstäben und einem Wiederaufbereitungslabor in dem gleichen Komplex demontiert worden. Damit sind sämtliche Anlagen auf dem Gelände der Kontrolle durch die IAEA entzogen, da Pjöngjang auch die Überwachungskameras abmontierte. Laut der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap sind jedoch inzwischen drei Inspektoren der Atombehörde vor Ort.

Die rund 8.000 abgebrannten Brennstäbe könnten in dem Labor nach Expertenmeinung binnen vier Monaten zur Gewinnung von 25 bis 30 Kilogramm Plutonium aufbereitet werden. Damit könnte Nordkorea mindestens drei Atombomben bauen. Experten vermuten, dass in dem Labor in Yongbyon bereits in der Vergangenheit Plutonium aus Brennstäben gewonnen wurde, bevor der Komplex 1994 auf Grundlage eines Rahmenabkommens mit den USA geschlossen wurde.

Die USA sprachen von „Erpressung“. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld warnte Pjöngjang, nicht darauf zu setzen, dass sich die Welt derzeit nur auf den Irakkonflikt konzentriere. Die USA könnten zwei Kriege gleichzeitig führen. Bundesaußenminister Joschka Fischer äußerte sich „tief besorgt“ über das nordkoreanische Verhalten. Die Bundesregierung rufe die Regierung in Pjöngjang erneut auf, ihren Verpflichtungen „ohne Abstriche, unverzüglich und unzweideutig“ nachzukommen.

Das russische Außenministerium rief sowohl Nordkorea als auch die USA zur Einhaltung ihrer früheren Vereinbarungen auf. Vizeaußenminister Alexander Losjukow drängte Washington, von „scharfen Kommentaren oder Militäraktionen“ abzusehen. Ähnlich äußerte sich die chinesische Regierung.

Der südkoreanische Präsident Kim Dae Jung forderte für sein Land eine „Führungsrolle“ bei möglichen Vermittlungen in dem Konflikt. Südkorea wolle nicht wie bei der Krise 1994 zuerst außen vor gelassen werden und dann mehrere Milliarden Dollar für ein Abkommen zahlen müssen, erklärte er.

Nach Einschätzung von Beobachtern will Pjöngjang mit der Wiederaufnahme seines Atomprogramms Verhandlungen mit den USA erzwingen. Nordkorea begründete seine Entscheidung mit Engpässen bei der Energieversorgung. Nach dem Abkommen mit den USA von 1994 sollte das Land zwei Leichtwasserreaktoren erhalten und jährlich 500.000 Tonnen Öl aus den USA beziehen; im Gegenzug verpflichtete sich Pjöngjang zur Einstellung seines Atomprogramms. Im Oktober stoppten die USA die Lieferungen, weil Nordkorea laut US-Angaben die Wiederaufnahme des Atomprogramms zugegeben hatte.

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