Eine Frage der Chemie
: Auch positive Erfahrungen im Kommunalverbund

Lemwerder hat „Empfindungen“

Globalisierung, der europäische Einigungsprozess, Region Hannover – wie sieht es eigentlich mit dem Willen aus, in und umzu Bremen ein wenig zusammenzurücken? Schau‘n wir mal nach in Lemwerder, einem 7.500 Einwohner-Städtchen, das bestimmt nicht im Ruf steht, nur kuscheliger Schlafort für Bremer Jobber zu sein – sprich Steuern aus Weser-City abzuziehen.

Von den 3.000 Industriejobs Anfang der 90er Jahre gibt es heute nur noch 1.800, vor allem in Flugzeug- und Schiffbau. Deshalb wünscht sich Bürgermeister Hans-Joachim Beckmann (SPD), dass die Bremer „bei der Wirtschaftsförderung auch mal gemeinsame Potenziale nutzen“, sprich: auch mal eine Ansiedlung nach Lemwerder abgeben, um den „Flächenfrass“ in Bremen zu stoppen.

Ansonsten steigt beim ehemaligen Landtags- und Europaabgeordneten beim Thema „Region Bremen“ zunächst Widerwillen auf: Da geht es um „Empfindungen“, nicht nur um das ungeliebte Papier aus dem Bremer Rathaus, benannt nach seinem Autoren Reinhard Hoffmann, das das Umland vor Jahren vor den Kopf stieß.

Letztlich ist aber auch der Mann aus Lemwerder Pragmatiker: „Wenn man bei Zusammenarbeit nicht automatisch an die Auflösung der Grenzen denkt, sehe ich da kein Problem.“

Tatsächlich hat Beckmann schon positive Erfahrungen im Kommunalverbund gesammelt. Stichwort Schlick: Ursprünglich hatte Bremen 40.000 Kubikmeter TBT-belasteten Schmodder aus dem Sportboothafen Grohn vor Berne in der Weser verklappen wollen, erst nach Riesenprotest aus dem Umland kam er in den Europahafen.

„Da hat das Reden im Kommunalverbund viel geholfen“, sagt Beckmann. „Früher hat sich Bremen oft auf seine Rechtsposition zurückgezogen – das ist heute vorbei.“ Vieles sei „doch nur eine Frage der Chemie.“

Also ist Beckmann offen für Kooperation. Im Tourismus, im Verkehr („Erfolgsstory VBN“), bei den Berufsschulen, bei der Verknüpfung der Hochschullandschaft. Ja: Auch in Lemwerder gibt es eine Universität.

Wenn die Bremer bloß nicht immer anfangen würden, alles aufzurechnen: „Es gibt auch Kinder aus Bremen-Nord, die bei uns zur Schule gehen“, sagt Beckmann. Oder: Würde er beispielsweise eines Tages Geld für das Bremer Theater zahlen? „Aus Lemwerder schleppen auch mindestens so viele Leute Geld rein wie raus“, sagt der Bürgermeister. Und: „Ich kaufe meine Anzüge ja auch in der Bremer City“. ksc