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Euro erfordert Steuersenkung

aus Stockholm REINHARD WOLFF

Eigentlich müsste Schweden schon seit einem Jahr den Euro haben. Denn im Gegensatz zu Großbritannien und Dänemark hat das Land nie eine Ausnahme von der Teilnahme am EWR, dem Europäischen Währungsraum, beantragt. Doch Volkes Stimme war zu negativ, als dass man auch nur wagte, eine Volksabstimmung über den Euro abzuhalten. Die wird nun am 14. September nächsten Jahres stattfinden. Sodass das vertragswidrige Kneifen ein Ende hat.

Wenn es denn ein Ja gibt. Und da schwankt die Zustimmung der SchwedInnen nach wie vor kräftig zwischen über 50 Prozent im Sommer und unter 40 Prozent im Dezember.

Aber eigentlich gibt’s den Euro in Schweden schon. Durch die Hintertür hat er Einzug gehalten. An nahezu allen Supermarktkassen prangt: „Hier können Sie gerne mit Euro bezahlen.“ Viele Geldautomaten spucken Kronen und Euro aus. Der Euro ist binnen weniger Monate zu einer Touristen- oder damit auch zu einer Zweitwährung geworden. Außerdem haben die SchwedInnen den Euro natürlich im Sommerurlaub kennen gelernt. Und fanden es praktisch, auf der Reise in den Süden nicht mehr mit drei, vier Währungen jonglieren zu müssen.

Der Eurowiderstand in Schweden kam bislang vorwiegend von links. Die beiden Partner des sozialdemokratischen Regierungschefs Göran Perssons, die Linkssozialisten und die Grünen sind grundsätzlich negativ eingestellt. Hauptargument: Die Aufgabe der nationalen Souveränität drohe. Sozialdemokraten und Gewerkschaften sind gespalten. Der Gewerkschaftsdachverband LO macht eine Eurounterstützung vom Aufbau von „Ausgleichsfonds“ abhängig. Diese sollen in guten Konjunkturjahren angelegt, von Gewerkschaften, Arbeitgebern und dem Staat verwaltet werden und dazu dienen, in Jahren, in denen die Konjunktur ein Tal durchläuft, eine gewisse Flexibilität bei den Lohnkosten zu ermöglichen. Und die Bestimmungen des Stabilitätspakts dennoch einzuhalten.

Den SkeptikerInnen schließt sich derzeit eine wachsende Schar von Nationalökonomen an. Ihr Hauptargument: die positive Entwicklung der schwedischen Wirtschaft und Währung außerhalb des EWR. Die Krone hielt sich nämlich zu Euro wie Dollar ausgesprochen stabil, und das Wirtschaftswachstum liegt doppelt so hoch wie in der Rest-EU. Seinen Außenhandel führt Schweden sowieso zu fast zwei Dritteln mit Ländern außerhalb der Eurozone.

Ex-Reichsbankchef Bengt Dennis: „Schwedens Wirtschaft wird negativ beeinflusst, wenn man das flexible Instrument der Wechselkurspolitik aufgibt und sich nur auf das wesentlich schwerer manövrierbare finanzpolitische Instrumentarium verlässt.“

Für den Übergang zum Euro bedürfe es einer grundlegenden, aber politisch nicht durchsetzbaren Systemänderung, da das schwedische Steuerniveau mit 53 Prozent des Bruttoinlandsprodukts um 10 Prozent über dem EU-Durchschnitt liege.

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