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Zeitschrift für Anti-AntisemitismusTexte zur Kunst gegen BDS

Die Debatte um die israelfeindliche BDS-Bewegung hat die Kunstszene erreicht. Prominente Autor:innen positionieren sich sehr deutlich.

Ausschnitt vom Cover der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Texte zur Kunst“ Foto: TzK

Das könnte Ärger geben. In der 119. Ausgabe der Zeitschrift Texte zur Kunst wagt sich die Redaktion an ein heikles Thema. Den „Anti-Antisemitismus“ und die israelfeindliche BDS-Bewegung. Diese hat auch in Deutschland viele Fürsprecher, in akademischen und kunstaktivistischen Kreisen.

In einem kategorialen ­Essay zeichnet Autor Aram Lintzel die Karriere der antiisraelischen Kampagne Boycott, Divestment und Sanctions (BDS) nach. Sie erlebte auf der Konferenz in Durban 2001 ihre Geburtsstunde. Als Antirassismusdebatte von NGOs angekündigt, wurde sie von palästinensisch-nationalistischen Organisationen gekapert. Denen geht es darum, mittels des Kampfbegriffs „Apartheid“ dem Staat Israel Existenz- und Widerstandsrecht abzusprechen.

Die arabische Minderheit mag in Israel mit eigenen Parteien im Parlament vertreten sein, BDS ignoriert es. Herausragende palästinensische Protagonisten haben in Israel Universitätsabschlüsse erworben, BDS ignoriert es. Lintzels mit Quellenverweisen gespickter Text verdeutlicht, wie absurd der von BDS propagierte Vergleich Israels mit dem historischen Apartheidstaat Südafrika ist. „Dass es in Israel keine ‚Rassentrennung‘ in Schulen, auf Parkbänken oder in Bussen gibt,“ wenn auch eine zu kritisierende rechtsnationale Regierung.

Arabische Diktaturstaaten und das iranische Mullahregime füllen unermüdlich die Kriegskassen von palästinensischer PLO, Hamas oder libanesischer Hisbollah. BDS ficht das nicht an. Bedingung für das Sponsoring der palästinensischen Sache ist: Krieg und Delegitimierung des demokratischen Israel.

Das Heft

Texte zur Kunst, Heft 119 „Anti-Antisemitismus“. Deutsch/Englisch. 264 Seiten, 16 Euro

Die Furcht vor einer Demokratisierung des Nahen Ostens eint sie. Israel als letzten Kolonialstaat auf arabischen Boden darzustellen, hat Tradition. Genauso wie das konsequente Verschweigen von antijüdischen Massakern oder die Vertreibung jüdischer Bevölkerungsgruppen aus arabischen Staatsgebieten.

Die Beiträge in diesem Texte-zur-Kunst-Band bieten einige Hinweise, um vielleicht etwas nachdenklicher zu werden. Jörn Etzold von der Ruhr-Universität Bochum unternimmt den Versuch, die Debatte über die Ruhrtriennale und Achile Mbembe nachzuzeichnen. Mbembe wurde von der Ruhrtriennale als Keynote-Speaker eingeladen, obwohl bekannt sein musste, dass er BDS unterstützt. Und auch sonst vor Schwarz-Weiß-Zeichnungen in seinen Argumentationen nicht zurückschreckt.

Vor solchen warnt die Rabbinerin Delphine Horvilleur im Gespräch mit Isabelle Graw und Dirk von Lowtzow. Vor Überschneidungen linker und rechter Argumentationen in der postkolonialen Diskussion. „Ich meine den Gedanken, dass wir zu unseren indigenen Identitäten zurückkehren sollten, um uns vor der Ansteckung durch Kolonialismus und Whiteness zu schützen.“ Den reinen Urzustand, es gab und gibt ihn nicht.

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20 Kommentare

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  • Die Empörung darüber "wie absurd der von BDS propagierte Vergleich Israels mit dem historischen Apartheidstaat Südafrika ist", ist leider nicht ganz berechtigt.

    Unter Apart versteht man ein System mit unterschiedlichen Kategorien von Menschen mit unterschiedlichen Rechten, und das ist exakt der Zustand in der Westbank. Niemand wird ernsthaft behaupten wollen, dass dort jüdische Siedler und die palästinensische Bevölkerung rechtlich gleichgestellt sind oder vor dem Gesetz gleich sind.

    Das ist nicht Schuld derjenigen, die so etwas beim Namen nennen. Dafür können nur die etwas, die dieses System geschaffen haben

    Anstatt propalästinensische Gruppen pauschal zu diffamieren wäre es besser gewesen, zu erklären, wo denn die Unterschiede zwischen der Situation der Palästinenser in den besetzten Gebieten und der der schwarzen Bevölkerung während der Apartheit in Südafrika liegen. Wo ist den Situation der Palästinenser so viel besser, so dass sich ein solcher Vergleich verbietet?

    Ich vermute einmal, dass man das auf einer sachlichen Ebene nicht kann.

    • @Lenning Köstler:

      Genau, die Palästinenser leben in einem israelischen Bantustan, immer wieder kommen diese hochbeinigen Jeeps angefahren, aus denen dann die Polizisten springen und auf die Palästinenser mit ihren Nilpferdpeitschen einschlagen.

      Kann man jeden Tag im TV sehen.

      Und, weil das israelische Apartheid-Regime so wenig reformierbar ist, wie das südafrikanische, muss es weg.

      Bloß, wohin damit?

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @Lenning Köstler:

      "witzig", man stellt israell mit einem staat gleich, in dem rassentrennung praktiziert wurde, wird darauf hingewiesen, dass das faktisch einfach durch und durch falsch ist, es wird belegt wieso es durch und durch falsch ist, ich sage nur oberste richter, "nicht-jüdisch", generäle, "nicht-jüdisch", konzernchefs, "nicht-jüdisch", minister, "nicht-jüdisch", verharmlost also offenen auges ein rassistisches terrorregime, dannn jammert man rum, dass gruppen wie die hamas als "antisemitisch" "diffamiert" würden und heult dann rum, dass die gegenüber nicht "sachlich" argumentieren würden, aber mit antisemitismus darf das ganze nix zu tun haben.

      • @90564 (Profil gelöscht):

        @werwilldaswissen

        Wollten Sie damit sagen, dass es in der Westbank überhaupt keine Apartheit gibt, dort also jüdische Siedler und die palästinensische Bevölkerung rechtlich gleichgestellt sind?

        Das zeugt allerdings von einer tiefen Unkenntnis des Nahen Ostens der Gegenwart.

        • 9G
          90564 (Profil gelöscht)
          @Lenning Köstler:

          sie müssen jetzt ganz ganz stark sein, auch in deutschland gibt es eine unterschiedliche gesetzgebung für staatsbürger!nnen und nicht-staatsbürger!nnen, es nennt sich "ausländergesetz",. noch schlimmer, alle europäischen staaten halten das so, und nein, das will ich nicht behaupten, die westbank ist kein teil israels (zumindest nach meinen informationen), sondern soll irgendwann mal, wenn die "palästinensische" führung sich mal zu einem kompromiss durchringen könnte, ein staat "palästina" werden, aber wenn sie lieber bibis annektionspläne verteidigen wollen, tun sie das, ich halte diese nicht für friedensdienlich.



          aber herr köstler, wie halten sie es denn eigentlich mit den apartheids-regimen im libanon oder in jordanien, in saudi-arabien, in bahrein oder im iran, etc? ach, ich "vergas", keine juden involviert und damit wohl nicht so wichtig



          und wieso leugnen sie eigentlich den antisemistismus von gruppen wie der pflp, dem PIJ, der hizbullah oder der hamas?

  • 9G
    90564 (Profil gelöscht)

    beispiele



    "Bei einer Diskussionsveranstaltung mit der israelischen Autorin Lizzie Doron im Rahmen des wegen eines kleinen finanziellen Zuschusses durch die israelische Botschaft von BDS ins Visier genommenen Berliner Musikfestivals Pop-Kultur wurde ich vor zwei Jahren selbst Zeuge von totalitärem Gebrüll und anderen Drohgebärden. Dass Doron sich überaus kritisch mit der Besatzungspolitik auseinandersetzt, war den Störenfrieden egal."

    "Explizite Bekenntnisse zur Zweistaatenlösung sucht man im BDS-Aufruf jedenfalls vergeblich."

    ein fakt, den auch sie anerkennen werden



    "Es lässt sich nicht leugnen, dass die Netanjahu-Regierung in ihrem mitunter paranoiden Kampf gegen linke Gruppierungen und NGOs den Antisemitismusvorwurf überdehnt hat und die israelische Linke in Kollektivhaftung für jede Stellungnahme aus dem BDS-Kontext genommen und damit ihrerseits Kritik an der aktuellen Siedlungspolitik zu delegitimieren versucht hat"

    " In dem Buch Boykott – Desinvestment – Sanktionen. Die weltweite Kampagne gegen Israels Apartheid und die völkerrechtswidrige Besatzung Palästinas [16] des BDS-Mitbegründers und -Vordenkers Omar Barghouti ist von „Genozid“, „ethnischen Säuberungen“, „Kolonialisierung“ und „Faschismus“ die Rede. Schon allein der Apartheidvorwurf leugnet die israelische Realität. Dass es in Israel keine ‚Rassentrennung‘ in Schulen, auf Parkbänken oder in Bussen gibt und arabische Parteien in der Knesset vertreten sind, ficht BDS aber nicht an. Abgesehen davon, dass man sich darüber wundern darf, dass Barghouti als Palästinenser in einem rassistischen ‚Apartheidstaat‘ studieren konnte"

    "Die Bezugnahme auf Menschenrechte ist selektiv und betreibt ein singling out Israels: Israel ist die Ausnahme, der man nichts durchgehen lassen will. Nicht nur werden andere Besatzungen und Menschenrechtsverletzungen auf der Welt unterschlagen, auch wird die Hamas nicht dazu aufgefordert, die Raketenangriffe auf Israel zu unterlassen."

    • @90564 (Profil gelöscht):

      fakten finden Sie hier www.yesh-din.org/e...eid-legal-opinion/

      • @christine rölke-sommer:

        Nehmen wir an, dass das alles stimmt. Können Sie mir erklären, warum man von Ihnen und Ihren Kollegen z.B. zu China nichts lesen darf?

      • 9G
        90564 (Profil gelöscht)
        @christine rölke-sommer:

        Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

        Die Moderation

  • ichsachmaso: so dolle tiefschürfend fandsch den text von Aram Lintzel nicht.

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @christine rölke-sommer:

      is halt blöd, wenn die anti-israelische märchenerzählung mittels fakten zerlegt wird

      • 9G
        90564 (Profil gelöscht)
        @90564 (Profil gelöscht):

        hier im übrigen voll nachzulesen



        www.textezurkunst.de/119/warum-israel/

        • @90564 (Profil gelöscht):

          1. habsch gelesen - sonst hätte ich mein obiges nicht geschrieben.



          2. welche fakten denn, ums himmels willen?

          • 9G
            90564 (Profil gelöscht)
            @christine rölke-sommer:

            die man in dem artikel ua lesen kann, aber es lohnt sich eigentlich nicht, mit menschen zu diskutieren, welche "heimweh" für eine naheliegende begründung halten, jüd!nnen anzugreifen, weil sowas mit antisemitismus ja nix zu tun haben könnte

            • @90564 (Profil gelöscht):

              in dem artikel stehen fakten? hmnuja. ich entdecke da lediglich viel meinung, feststehende.

  • Nun würde mich interessieren, ob Texte zur Kunst einen weiter schweifenden Blick auf die aktuellen Strömungen in den Antisemitismus-Debatten wirft oder inhaltlich lediglich BDS thematisiert.

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @Volker Maerz:

      schauen sie doch selbst



      www.textezurkunst.de/119/

  • All denjenigen in akademischen und kunstaktivistischen Kreisen, die Sympathien für BDS zeigen und nicht in gleichem Maße objektiv problematischere Regime wie Iran/Russland/China/usw. boykottieren, bescheinige ich antisemitische Tendenzen und eine ungesunde Fokussierung auf Israel, die tief blicken lässt.

  • Der Unterschied zwischen taz und Qualitätsblättern wie der Zeit ist, dass es die taz leider nie fertig bringt, verschiedene Standpunkte sauber und ohne Polemik in einem Artikel zu diskutieren. Das bezieht sich sowohl auf israelkritische alsauch BDS kritische Artikel. Ich poste das also mehr zufällig an der Stelle. Hätte auch andersrum sein können.



    Mich bereichern jedenfalls weder die einen noch die anderen Meinungsartikel. Ist übrigens genauso wie bei den Veganartikel, Bioessen oder was auch immer. Meinung so oder so, aber mangels Diskussion keine Ideen aufzeigen. Der eine fühlt sich in Blase bestätigt oder der andere. Je nach dem. Wie bei BILD.

    • 9G
      90564 (Profil gelöscht)
      @sachmah:

      hä? hier geht es doch gar nicht direkt um israel oder die antisemitische bds-bewegung, hier geht es um eine ausgabe der "texte zur kunst", die sich mit dem ANTISEMITISMUS DER BDS_BEWEGUNG auseinandersetzt und zeichnet die argumentation IN DER ZEITUNG nach, btw welche "polemik" meinen sie denn konkret?