Ungeräumte Radwege in Hamburg: Radfahren fällt aus
Hamburgs Radwege bleiben vielfach ungeräumt. Fahrradverbände kritisieren, dass die Stadtreinigung zu spät reagiere.
Seitdem muss sich die mutmaßliche Fahrradstadt gegen Vorwürfe von Radfahrer:innen wehren: Die Stadtreinigung räume zu wenige Radwege – und die auch noch zu spät. „Noch immer wird der Schnee von der Fahrbahn nach rechts auf den Radstreifen geschoben“, sagt Dirk Lau vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) in Hamburg. Das mache das Radfahren gefährlicher. „Das ist inakzeptabel. Die Stadt muss sich überlegen, wo sie den Schnee hinräumt. Jedenfalls nicht auf die Geh- und Radwege,“ so Lau.
Außerdem würden viele der abgesetzten Radwege, also diejenigen, die nicht auf der Straße verlaufen, gar nicht geräumt werden. Lau fordert deshalb, die Fahrradstreifen konsequenter vom Schnee zu befreien: „Und zwar dann, wenn es geschneit hat. Und nicht erst Tage später.“
Bei der Hamburger Stadtreinigung verweist man auf das Regelwerk: Der Einsatz von Streusalz ist auf Rad- und Fußwegen verboten – zu umweltschädlich. Man arbeite deshalb mit Kies. Den könne man allerdings erst streuen, wenn der Schnee liegt. Stadtweit sind dann zwölf Räumfahrzeuge im Einsatz, um Schnee zu entfernen und Kies zu verteilen.
Andree Möller, Stadtreinigung
Andree Möller, Sprecher der Stadtreinigung, macht aber auch deutlich: „Wir können nicht jederzeit für schwarze Radwege sorgen.“ Dirk Lau vom ADFC nimmt daher die Politik in die Verantwortung. „Die Stadtreinigung macht einen Knochenjob und bemüht sich nach Kräften“, stellt er fest. Es fehle jedoch an Personal, Ausstattung und den richtigen Maschinen. Die zwölf Räumfahrzeuge hält Lau für zu wenig. Es brauche deutlich mehr, um gerade die Velorouten, Hamburgs stadtweites Radnetz, zuverlässig befahren zu können.
Auf Nachfrage verweist die Verkehrsbehörde darauf, den Winterdienst für Radwege in den vergangenen Jahren ausgeweitet zu haben. Die Zahlen der Stadtreinigung bestätigen diese Aussage zunächst: Die Stadt hat in den letzten vier Jahren 52 Kilometer an Radstreifen, die auf der Straße verlaufen, neu in ihren Winterdienst aufgenommen. Die Stadtreinigung führt sie unter „Mitnahmeeffekt Fahrbahn Winterdienst“. Somit wird die Hälfte der Hamburger Radwege als Mitnahmeeffekt geräumt.
Die andere Hälfte bilden die abgesetzten Radwege. Und bei ihnen ist keine positive Entwicklung zu erkennen: Seit 2017 wurden lediglich vier neue Kilometer ins Winternetz der Stadtreinigung aufgenommen. Ein Blick auf das Winternetz verrät zudem, dass in manchen Stadtteilen nicht ein abgesetzter Radweg geräumt wird. In Bramfeld, Eidelstedt oder Niendorf mussten Radfahrer:innen am Wochenende also auf der Straße fahren – oder gar nicht.
Als Fußnote: Der Copenhagenize Index zur Fahrradfreundlichkeit von Städten hat schon 2017 angemahnt, die Radwege in Hamburg besser zu räumen. Seitdem ist die Stadt noch einmal um zwei Plätze zurückgefallen – auf Rang 20.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Prozess zum Messerangriff in England
Schauriger Triumph für Rechte
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument