Pegida-Demos und Politiker: Mit den Mitläufern reden

Von den traditionellen Parteien gibt es Dialogangebote an Pegida-Demonstranten – aber nicht an die Organisatoren.

Es geht um die Leute in den hinteren Reihen Bild: dpa

BERLIN/DRESDEN taz | Als Thomas de Maizière am Mittwoch den offiziellen „Migrationsbericht“ der Bundesregierung vorstellt, kommt die Rede unweigerlich auf die Pegida-Bewegung. Unmissverständlich macht der Bundesinnenminister dabei klar: Einen Dialog mit den Initiatoren des islamfeindlichen Bündnisses, das seit Wochen in Dresden demonstriert, lehnt er strikt ab. „Ich habe nicht die Absicht, mit den Organisatoren von Pegida zu reden“, sagt er.

Das gelte auch für die Leute hinter den Ablegern der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ in Leipzig und anderswo. „Da stößt mich sehr vieles sehr ab, um es zurückhaltend zu sagen“, sagt der Christdemokrat mit Blick auf die jüngsten Enthüllungen über die Frontleute der Bewegung. „Solchen Leuten läuft man nicht hinterher“, rät de Maizière auch allen potenziellen Teilnehmern.

Zugleich aber plädiert er dafür, sich mit den Mitläufern – und denjenigen, die sich im Internet an den Diskussionen zu „Pegida“ beteiligen – auseinanderzusetzen. Viele davon suchten offenbar dringend das Gespräch. „Und das müssen wir führen“, sagt der Politiker. „Wir müssen versuchen, die, die da hingehen, von den Organisatoren politisch zu trennen.“

Sein Eindruck sei, dass viele einfach Angst vor Veränderungen hätten. Gerade im Osten Deutschlands seien viele Menschen nach der Wende einem großen Umbruch ausgesetzt gewesen. Nun seien viele „veränderungsmüde“. Zugleich gehe „es aber weiter mit Veränderungen“, sagt er mit Blick auf Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Aufnahme von Flüchtlingen.

Für die Demokratie zurückgewinnen

Die Mitläufer ins Töpfchen, die Veranstalter ins Kröpfchen – das scheint mittlerweile weitgehend Konsens im politischen Berlin zu sein, über alle Parteigrenzen hinweg. Selbst Linksfraktionschef Gregor Gysi hat inzwischen verkündet, er wolle sich in Dresden mit Pegida-Demonstranten treffen – und zwar mit denen, „die keine Nazis oder Neonazis sind, sondern aus abstrakten Ängsten heraus mitlaufen“. Er wolle „ihre Ängste abbauen“ und sie „für die demokratische Gesellschaft zurückgewinnen“. Wann und in welcher Form, lässt er offen.

Einen Dialog mit den Organisatoren hingegen lehnt Gysi wie auch die Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping entschieden ab. „Wer meint, mit den Pegida-Organisatoren sei ein Gespräch möglich, dem sei empfohlen, einen Blick auf die menschenverachtenden und aggressiv rassistischen Facebook-Einträge von Pegida-Gründer Lutz Bachmann zu werfen“, sagte Kipping. „Hier können wir nur eindeutig Flagge zeigen gegen Rassismus und Intoleranz.“

Auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sieht keine gemeinsame Gesprächsebene mit Leuten, „die Grüne standrechtlich erschießen lassen wollen“, sagte er mit Bezug auf einen Twittereintrag, der Bachmann zugeschrieben wird.

Pressekonferenz oder Eskalation

In Dresden gehen die Uhren allerdings anders. So erneuert der Generalsekretär der CDU Sachsens, Michael Kretschmer, am Mittwoch das Gesprächsangebot der sächsischen Landesregierung an Pegida und ihren Leipziger Ableger Legida. „Wir müssen dazu kommen, dass wir miteinander sprechen“, sagte Kretschmer im rbb-Inforadio.

Bislang hätten die Pegida-Organisatoren die Gesprächsangebote allerdings abgelehnt. Inzwischen sei aber offenbar ein Sinneswandel eingetreten.

Auch der Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Frank Richter, gibt sich weiter offen. Trotz heftiger Kritik steht er weiterhin dazu, den Pegida-Sprechern Bachmann und Kathrin Oertel Räume für eine Pressekonferenz zur Verfügung gestellt zu haben. „Es gab gewichtige Gründe für meine Entscheidung“, heißt es in einem der taz vorliegenden Schreiben Richters an den früheren Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Siegfried Schiele. „Ich halte sie nach wie vor für richtig.“

Die Pegida-Organisatoren hätten ihm glaubhaft gemacht, „dass sie schnell ihre Anhänger über die Absage der Demonstration am Montagabend unterrichten müssten, um eine potenziell gewalttätige Eskalation zu verhindern“, schreibt Richter. Im Netz habe es bereits „deutliche Hinweise“ darauf gegeben, „dass Antifa-Gruppen ihr Kommen“ angekündigt hätten.

Bizarrer Katholik

Viel Zeit zum Dialog mit Pegida wird künftig der Emmericher Pastor Paul Spätling haben. Bei der Demonstration des Duisburger Ablegers Duigida am Montag lief er in der ersten Reihe. In einer Rede äußerte er sein völliges Unverständnis für die unlängst wegen einer vergleichbaren Veranstaltung erfolgte Abschaltung der Außenbeleuchtung des Kölner Doms. „Dieses Licht wird einfach hier ausgeschaltet, nur weil Menschen friedlich und gegen die Islamisierung Europas stehen und protestieren“, sagte der 67-jährige Geistliche. In einem kleinen Geschichtsexkurs erinnerte er daran, dass „die Christen schon fast 1.400 Jahre gegen den Islam kämpfen müssen“.

Als Konsequenz auf seinen bizarren Auftritt hat der zuständige Bischof von Münster, Felix Glenn, Spätling jetzt die Predigterlaubnis entzogen. Ihm ist es damit verboten, öffentlich im Namen der Kirche zu sprechen. Zur Begründung gab das Erzbistum Münster an, der Emmericher Pfarrer habe mit seinen Äußerungen „die Grundlage für rechte Ideologien, für Fremdenfeindlichkeit und für ein Gegeneinander der Religionen“ gelegt.

Glenn habe Spätling deswegen mitgeteilt, dass er solche Reden wie die am Montag nicht „dulden kann und will“. Da Spätling äußerlich sichtbar als katholischer Priester aufgetreten sei, habe der verbale Gotteskrieger dabei „auch noch seine Autorität als Pfarrer und Priester missbraucht“, heißt es in der Erklärung des Bistums.

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