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Kolumne Besserwww.suende.de

Das Internet stellt auch den Islam vor neue Herausforderungen. Diese Kolumne hilft den Gläubigen, sich zurechtzufinden.

Wer Schach spielt, spielt mit dem Teufel. Bild: ap

D arf ich Ungläubige betrügen, meine Frau züchtigen oder im Ramadan meinen Speichel runterschlucken? Fatwas zu solchen Fragen wird Ihnen jeder Imam im Schlaf aufsagen. Das Internet aber bringt neue Fragen mit sich. Darum heute in Besser, der Fachkolumne für Fatwas und Internet: Fatwas zum Internet.

Sind Internet und Computer Werkzeuge des Teufels? Erfindungen wie das Internet, die Waschmaschine oder die Atombombe sind weder gut noch böse. Es kommt darauf an, ob man sie dafür benutzt, Gutes zu tun oder Böses zu tun.

Darf ich das WLAN-Netz meines Nachbarn benutzen? Ohne die Erlaubnis Ihres Nachbarn ist dies nicht statthaft, selbst wenn dessen Netz unverschlüsselt ist.

Darf ich MP3 oder Filme downloaden? Verstöße gegen das Urheberrecht sind nicht statthaft. Ob der Inhaber des Urheberrechts Muslim ist oder nicht, ist unerheblich.

Was muss ich tun, wenn ich im Internet auf anstößige Bilder stoße? Wer Unzucht der Augen begeht, muss ein Bußgebet verrichten. Um nicht in Versuchung zu geraten, wird empfohlen, nicht allein ins Internet zu gehen.

Wir sind noch nicht verheiratet, aber verlobt bzw. versprochen. Dürfen wir chatten und smsen? Es ist begrüßenswert, wenn sich Muslime austauschen. Aber nur innerhalb desselben Geschlechts. Wenn Versprochene oder Verlobte sich kennen lernen wollen, empfiehlt es sich eher, sich in Begleitung eines Vaters, einer Mutter, eines Bruders, einer Schwester, eines Onkels oder einer Tante zu treffen. Sie dürfen auch chatten, smsen oder telefonieren. Allerdings muss die Konversation so ausfallen, als ob ein Vater, eine Mutter, ein Bruder, eine Schwester, ein Onkel oder eine Tante zugegen wäre.

Darf ich mit mir fremden Angehörigen des anderen Geschlechts chatten? Das ist eine Sünde; eine Form der Unzucht, die die körperliche Unzucht vorbereitet. Und als Frau sollten Sie wissen: Kein Mann sagt im Chat die Wahrheit. Selbst wenn ein Mann den Chat mit religiösen Themen beginnt, wird er am Ende versuchen, Sie zu verführen.

Darf ich hacken? Webseiten zu hacken ist nicht statthaft.

Und wenn ich schädliche Webseiten hacke? Wenn eine Webseite strafbare Inhalte verbreitet, ist es Sache des Staates, dies zu unterbinden. Unsere Aufgabe ist es, auf die Herzen einzuwirken. Aber wenn eine Webseite Gottlosigkeit verbreitet, dann ist es eine Wohltat, diese Seite zu hacken.

Darf ich am PC oder an der Playstation spielen? Sofern nicht gegen die Verbote des Islams verstoßen wird, also etwa um Geld gespielt wird, ist es statthaft, sich mit Spielen die Zeit zu vertreiben. Aber nicht in den Gebetszeiten.

Darf ich am Computer Schach spielen? Schach ist nicht statthaft.

Darf ich Computer Backgammon spielen? Backgammon ist nicht statthaft.

Darf ich am Computer Spiele spielen, in denen menschliche Charaktere vorkommen? Gegen menschliche Charaktere ist nichts einzuwenden. Aber wenn diese Charaktere figürlich dargestellt werden, fällt dies unter das Abbildungsverbot und ist nicht statthaft.

Besser: Allah weiß es am besten.

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Deniz Yücel
Kolumnist (ehem.)
Von Juli 2007 bis April 2015 bei der taz. Autor und Besonderer Redakteur für Aufgaben (Sonderprojekte, Seite Eins u.a.). Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2011. „Journalist des Jahres“ (Sonderpreis) 2014 mit „Hate Poetry“. Autor des Buches „Taksim ist überall“ (Edition Nautilus, 2014). Wechselte danach zur Tageszeitung Die Welt.
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28 Kommentare

 / 
  • AG
    Ali g

    @ vicci

     

    Na, dann empfehle ich Ihnen

    "Der Gottes Wahn" von Richard Dawkins: Laut einer Untersuchung von über 2000 Professoren in den USA, sind gerade einmal 10% "leicht" gläubig - unter den Nobelpreisträgern geht selbst dieser Wert gegen 0%.

     

    Diese Fr. Kübler-Ross ist daher die Ausnahme, die die Regel bestätigt.

     

    Religion macht nicht nur dumm - sie macht auch aggressiv gegen Andersgläubige: Wieviele Menschen starben nochmal beim 30-jährigen Krieg und warum?

  • Der Frage von Ion schließe ich mich an.

  • I
    ion

    "Erfindungen wie das Internet, die Waschmaschine oder die Atombombe sind weder gut noch böse. Es kommt darauf an, ob man sie dafür benutzt, Gutes zu tun oder Böses zu tun."

     

    Na dann, Herr Yücel, bitte nachliefern:

    Wie "benutzt" man eine "Atombombe" "gut"?!

  • Viele Wissenschaftler sollen mit steigendem Erkennntisgewinn in ihren Disziplinen gottgläubig geworden sein. Vielleicht ein Name: Elisabeth Kübler-Ross.

     

    Die Losung "Religion ist was für Doofe" ist ihrerseits etwas doof, finde ich.

    • @Viccy:

      Dann setzten Sie Gläubigkeit mit Religion gleich?

      • @Regenwetter:

        Ich halte Religion für einen möglichen Weg, Gläubigkeit zu leben.

         

        Man sollte natürlich nicht Religion und Institution gleichsetzen, aber das ist ja fast schon banal.

    • @Viccy:

      Im Christentum gibt es mehr als zwei Gebote: Zum einen gibt es die zehn Gebote, und außerdem gibt es Leviticus, eine große Sammlung von Geboten im alten Testament.

       

      Von den zehn Geboten hört man in Deutschland schon in der Grundschule, während Leviticus heutzutage eher unbekannt ist. Das war aber nicht immer so: Die Redewendung "Jemandem die Leviten lesen" bezieht sich auf Leviticus, und zeigt wie wichtig die Gebote aus Leviticus einmal für die Menschen in Deutschland waren.

       

      Religiöse Menschen lesen auch heute in Leviticus und versuchen ihr Leben danach auszurichten. Ich habe schon mit einem Evangelikalen darüber geredet ob Tätowierungen verboten seien. Er meinte sie seien verboten in Leviticus 19:28.

      • @Eike:

        Danke für die Anregung! Gibt es einen (seriösen) Link, unter dem man einige fachkundige Erörterungen zu "den Leviten" findet? Reinschauen würde ich gern mal.

        • I
          ion
          @Viccy:

          Da Eike Ihnen offenbar keine weitere Auskunft geben mag, erlaube ich mir Ihnen den eigentlich einzig relevanten Einsteiger-Hinweis zum Thema zu geben: einer berühmt-berüchtigten Trilogie von Robert Shea & Robert Anton Wilson, Wikipedia, 'Illuminatus!':

          "Die drei Bände der Trilogie, 'Das Auge in der Pyramide', 'Der goldene Apfel' und 'Leviathan', die heute auch zusammengefasst in einem Band vorliegen, wurden ab September 1975 veröffentlicht."

          Cf.: https://de.wikipedia.org/wiki/Illuminatus!

          Viel Vergnügen beim Lesen und nachhaltige Erkenntnisse. ; )

           

          Sie könnten 'natürlich' auch z.B. in diesen "(seriösen) Link" "reinschauen":

          http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/leviticus-3/ch/f4869122a1b95bcbd8076577ad68e596/

          • @ion:

            Wilson! Ja, das wird ja immer interessanter! Vielen Dank! .. Ich stöbere gleich mal danach.

      • @Eike:

        Na ja, Evangelikale sind aber vielleicht auch wieder ein Sonderfall...was man m.E. jedenfalls schon sagen kann, ist, dass es im Allgemeinen im Christentum kein religiös fundiertes Rechtssystem mit umfassendem Geltungsanspruch für alle Lebensbereiche wie im Islam gab und gibt. Im Mittelalter z.B. wirkte ja neben dem Kirchenrecht auch das römische Recht fort oder es galten diverse Volksrechte, das ist schon ein wichtiger Unterschied zum Islam.

        Natürlich ist trotzdem auch das Christentum kritikwürdig, und die Meinung von "Rechten" wie mir dürfte "Linke" ja sowieso nicht interessieren. Wobei ich nicht verstehen kann, wieso "Linke" Islam-Kritik (und damit meine ich jetzt nicht grundgesetzwidrige Forderungen wie "Islam-Verbot", wie des der Herr Stürzenberger wohl leider fordert) mit solchen Schwachsinnsbegriffen wie "Kulturrassismus" abbügeln. Progressiv ist der Islam in der großen Mehrheit seiner Strömungen doch nun wirklich nicht.

        • @tommy:

          Wusstest Du, dass nach Rhamadan die Blutwerte deutlich besser sind? Medizinisch abgesichert. Wurde mWn erst kürzlich ausführlich untersucht. Und islamische Frauen bekommen häufig mehr Kinder als deutsche Frauen - ob letztere dadurch progressiv sind, dass sie die "ewigen Ahnenreihe" abbrechen, würde ich bezweifeln, so als "Rechter" (für taz-Verhältnisse ;-)).

           

          Mir ist natürlich bewusst, dass ich jetzt selektiv argumentiere und Steilvorlagen für geistreiche Kritik liefere :-)

          • @Viccy:

            Na ja, mit "progressiv" meinte ich jetzt eher, das was "Linke" so darunter verstehen, also Menschen-, Frauen-, Minderheiten- und Schwulenrechte. Und da schneiden die meisten Gesellschaften mit islamischer Mehrheit ja nicht so toll ab.

            Produziert und erfunden wird da auch nichts.

  • P
    Propaganda

    Eine Aneinanderreihung (mal wieder ...) von Klischees. Zu welchem Zweck? In der Hoffnung Der Spiegel oder wenigstens SPON möge Ihnen eine Mitarbeit anbieten?

  • D
    D.J.

    @Tommy,

     

    Frau Schwarzer, sind Sie's? Spaß beiseite. Der schiitische Islam, den Sie im zweiten Kommentar ansprechen, ist in Hinblick auf bildliche Darstellungen weitaus liberaler als die sunnitsche Orthodoxie. Selbst Prophetendarstellungen kommen gelegentlich vor.

    • @D.J.:

      Ah ja, danke für die Auskunft. Ich bin leider nicht allzu kundig über Islam-Fragen, aber ich habe zuweilen den Eindruck, dass der schiitische Islam (und die diversen "häretischen" Gruppen, die sich als Schiiten ausgeben) in mancher Hinsicht unproblematischer ist als die Sunni-"Rechtgläubigen", auch wenn das gegenwärtige Regime im Iran natürlich recht ekelhaft ist.

  • 5G
    577 (Profil gelöscht)

    Unterschied zwischen Islam und Christentum: Das Christentum hatte mit seinen nur zwei höchst abstrakten Geboten, der Nächsten-und Gottesliebe, die Möglichkeit sich an verändernde soziale, technische und wissenschaftliche Erkenntnisse und Umwelten anzupassen.

    Beim Islam habe ich oft den Eindruck, er steckt, wenn man ihn ernst nimmt, auf ewig im Mittelalter fest.

    Ich hoffe sehr, daß ich mich irre...

     

    (Übrigens: am schönsten ist natürlich der Atheismus :-) )

  • Auch nach nochmaligem Durchlesen verstehe ich den Sinn des Artikels nicht. Ok, vor allem gegen Ende werden die Ratschläge teils religiös-wahnhaft (was ist schlimm an Schach?). Aber viele Weisungen sind auch für Nicht-Muslime sinnvoll. Urheberrechtsverstöße, Pornographie oder das unbefugte Nutzen fremder Netzwerke sind wirklich ein Zeichen von Unmoral und Dekadenz. Ich hoffe, dass das auch für Herrn Yücel selbstverständlich ist. Youporn ist nicht gut, nur weil religiöse Spinner dagegen sind!

  • "Darf ich am Computer Spiele spielen, in denen menschliche Charaktere vorkommen? Gegen menschliche Charaktere ist nichts einzuwenden. Aber wenn diese Charaktere figürlich dargestellt werden, fällt dies unter das Abbildungsverbot und ist nicht statthaft."

     

    Aber im Iran z.B. werden doch auch von staatlicher Seite Ego-Shooter produziert (man spielt da, glaube ich, Revolutionswächter o.ä., die gegen Amerikaner und Israelis kämpfen). Also müssen doch Sonderregelungen möglich sein.

  • Häh? Was soll denn dieser Artikel? Versteh ich nicht. Für Islam-Kritik sind die Aussagen jetzt nicht heftig genug (manches stimmt ja sogar, etwa dass Männer sich in Chat-Rooms verstellen, um Sexkontakte abzugreifen). Was soll dieser Artikel???

    Und sind fromme Muslime wirklich gegen Schach? Wieso?

  • Wie gut, dass ich Atheist bin.

    • GO
      Ganz oben
      @vic:

      Womit der Sinn dieses Artikels prima wiedergegeben ist: man (die TAZ-Leserschaft) steht drüber, ganz oben drüber.

  • D
    D.J. (P.S.)

    Sorry, Yücel, nicht Yüksel (Letzteres ist m.W. der verbreitetere Name, daher mein Fehler)

  • Im Grunde entlarvt sich religiöser Irrsinn immer selbst. Bei denen, die das nicht sehen, hilft auch keine noch so sachliche Religionskritik. Aus dem einfachen Grund: Weil sie es nicht sehen wollen.

     

    Weil ihnen ihr Gefühl wider jede Vernunft anderes sagt. Ein Gefühl, das seinen Ursprung meist in frühster Kindheit hat, wenn rationales Denken noch nicht ausgeprägt ist; das Kind empfänglich für buchstäblich jeden elterlichen und kulturellen Wahnsinn und jede Gehirnwäsche ist. Dawkins sprach in diesem Zusammenhang von Kindesmissbrauch.

     

    Religionskritik hat in solchen Fällen sogar noch den gegenteiligen Effekt. Menschen klammern sich nur umso fester an das, in das sie so viele Emotionen investiert haben, aber ihnen nun jemand wegnehmen möchte.

     

    Man kann nur hoffen, dass Menschen instituierten Glauben überwinden und häufiger den Mut haben, sich ihrer Vernunft zu bedienen.

  • G
    Gast

    Mehr zu Fatwas findet man hier: http://www.islaminstitut.de/Fatawa-Gutachten.10.0.html Die Quelle ist grundsätzlich neutral und veröffentlicht nur belegte Fatwas und weitere Inhalte.

     

    Aus meiner Sicht wichtig: Sich mit dem Koran und seinem Begründer befassen. Dann erkennt man den Kern dieser religiösen, autoritären Staatsform.

  • D
    D.J.

    Herr Yüksel hat Recht (wobei, ich wette, Dummrechts die Kolumne nicht verstehen wird). Der beste Weg, heute Aufklärung zu betreiben, ist die authentische Darstellung des Wahns in all seinen Facetten (es handelt sich ja hier um die Wiedergabe tatsächlich weit verbreiter Auffassungen/Gutachen in teils wörlicher Form). Im Übrigen kann man uns dann kaum vorwerfen, wir würden eine Ideologie lächerlich machen, wenn sie sich selbst lächerlich macht.

    War übrigens auch mein Weg weg vom Religionsapologeten: Ran an die Quellen, erst Erschrecken, dann aber Lachen. Das befreit Verstand und "Seele".

    • @D.J.:

      Besser: Zitieren statt Diffamieren.

  • D
    Dominik

    Lasset den Sturm der Entrüstung beginnen!