Intoleranz im Islam: Pathologischer Hass auf Homos

Weltweit befürworten islamistische Hassprediger Gewalt gegen Homosexuelle. Dabei war der Islam einst viel toleranter als das Christentum.

Ein auf eine Hauswand gemalter Regenbogen, der Verputz der Wand ist teilweise abgeblättert

Islamistische Hassprediger machen es sich zunutze, dass konservative Muslime Homosexualität mehrheitlich als Sünde betrachten Foto: suze / photocase.de

BERLIN taz | Nach dem Massaker von Orlando ermitteln die US-Behörden, welche Verbindungen der Attentäter zur Terrormiliz des „Islamischen Staat“ im Irak und Syrien haben könnte. Der Massenmörder Omar Mateen soll schon früher Sympathien mit radikalislamistisch-extremistischen Gruppen bekundet haben, war bislang aber nicht als religiöser Fanatiker aufgefallen. Und nichts deutet bisher darauf hin, dass ihn mehr als nur eine geistige Nähe mit dem IS verbindet.

Bei radikalen Islamisten ist der Hass auf Homosexuelle allerdings pathologisch. Der iranische „Revolutionsführer“ Ayatollah Khomeini erklärte Homosexualität einst zum Verbrechen, und bis heute werden junge Männer im Iran deswegen hingerichtet. Nach dem Einmarsch der USA im Irak machten schiitische und sunnitische Islamisten-Milizen Jagd auf Homosexuelle, entführten und ermordeten sie. Der „Islamische Staat“ eifert ihnen heute nach. Anfang 2015 veröffentlichte er etwa ein Propagandavideo, das zeigen soll, wie Schwule in der nordirakischen Stadt Mossul von einem Dach geworfen wurden.

Legitimation erhalten sie durch islamistische Hassprediger, wie sie auch in Europa immer wieder mit homophoben Aussagen für Aufsehen sorgen. In den Niederlanden etwa löste der marokkanischstämmige Imam der An-Nasr Moschee in Rotterdam, Khalil El Moumni, 2001 eine Debatte aus, weil er Homosexualität als „Krankheit“ und Schwule als wertloser als Schweine bezeichnet hatte.

Der notorische britische Extremist Anjem Choudary sorgte 2009 für Empörung, als er die Steinigung für Homosexuelle und die Einführung der Scharia weltweit forderte. Und der salafistische Prediger Bilal Philips wurde 2011 nach einem Auftritt in Frankfurt am Main aufgefordert, Deutschland zu verlassen. In seinen Video-Botschaften im Internet hat der auf Jamaika geborene und in Kanada aufgewachsene Philips Homosexualität mehrfach als Todsünde und „Bedrohung für die Gesellschaft“ bezeichnet.

Homophobie bei Islamisten und Evangelikalen

Nach der Tat von Orlando kursiert im Netz ein Video, das den britisch-iranischen Prediger Farrokh Sekaleshfar zeigt, wie er bei einem Vortrag am „Husseini Islamic Center“ in Orlando, Florida, die Todesstrafe für homosexuelle Handlungen rechtfertigt – aus „Mitgefühl“, wie er sagt. Einen Zusammenhang zu dem Massaker in Orlando gibt es aber nicht – und ein IS-Sympathisant würde auch schwerlich einen Schiiten als Autorität akzeptieren, auch wenn er dessen Homophobie teilt.

Warum Hassprediger wie Farrok Sekaleshfar nicht wegen „Hate Speech“ belangt werden lässt sich leicht erklären: In den USA wird das Recht auf freie Meinungsäußerung traditionell weit ausgelegt. Und: Sekalehsfars Auffasungen werden mehr oder weniger unverblümt auch von christlichen Fundamentalisten in den USA geteilt, von evangelikalen Predigern und konservativen Politikern.

Islamistische Hassprediger profitieren davon, dass konservative Muslime Homosexualität mehrheitlich als Sünde betrachten. In der Vergangenheit waren muslimisch geprägte Gesellschaften zwar toleranter als christlich geprägte Länder, die gleichgeschlechtliche Liebe hat dort eine lange Tradition.

Doch das ist lange her. In fundamentalistischen Staaten wie Saudi-Arabien, dem Iran, im Sudan und in Mauretanien ist Homosexualität heute verboten und wird offiziell mit dem Tode bestraft. Auch in vielen anderen muslimisch geprägten Staaten drohen Schwulen und Lesben drakonische Strafen. Zwischen Recht und Realität klafft aber manchmal eine Kluft. In Marokko und Tunesien steht Homosexualität zwar unter Strafe, wird aber nur in den seltensten Fällen verfolgt.

In der Türkei, Ägypten und Jordanien ist sie nicht verboten, gesellschaftlich aber trotzdem verpönt. Dafür gibt es in den liberalen Gesellschaften Frankreichs, Südafrikas und den USA heute sogar Imame, die offen schwul sind und gleichgeschlechtliche Paare trauen.

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