Fanszene von Eintracht Braunschweig: Opfer zu Tätern gemacht
Der Verein Eintracht Braunschweig belegt eine linke Ultra-Gruppe mit einem Auftrittsverbot. Sie hatte offensiv rechte Hooliganstrukturen kritisiert.
BERLIN taz | Eintracht Braunschweig hat ein Problem mit Neonazis in seiner Fanszene. Tätlich zu spüren bekommen das immer wieder die Mitglieder der linken Braunschweiger Gruppierung Ultras Braunschweig (UB 01/Ultras Curva Nord), zuletzt beim Auswärtsspiel ihres Vereins bei Borussia Mönchengladbach am vergangenen Freitag (Stellungnahme der Ultras). Da wagte sich die Gruppe erstmals seit über fünf Jahren wieder in den Fanblock der Eintracht.
Für rechte Hooligangruppen wie die „Alten Kameraden“ oder die „Fetten Schweine Braunschweig“ stellte das Auftreten der circa 45 UB-Mitglieder anscheinend eine nicht hinnehmbare Provokation dar. Schon eine halbe Stunde vor Anpfiff wurden die jungen Ultras beleidigt und tätlich angegriffen. Durch ein enges Ordner-Spalier verließen die Ultras dann den Stehplatzbereich und brachten sich in einem angrenzenden Sitzplatzblock in Sicherheit.
Nun hat Eintracht Braunschweig mit einer kurzen Mitteilung auf seiner Homepage auf die Vorfälle rangiert. Und zwar anders, als man es gemeinhin erwarten dürfte: Die Ultras Braunschweig werden mit einem Auftrittsverbot belegt. Einzelne Mitglieder dürfen zwar noch die Spiele besuchen, aber als Gruppe ist der Stadionbesuch zukünftig untersagt. Damit verfolgt der Verein hartnäckig weiter seine Linie, die Augen vor der eigentlichen Problematik zu verschließen.
Als Begründung dafür herhalten muss der Vorwurf, Ultras Braunschweig habe sich nicht an Absprachen gehalten. Welche das sein sollen, kann sich ein Gruppensprecher nicht erklären. Der Verein habe nicht mit ihnen gesprochen, lediglich das Verbot per E-Mail mitgeteilt. Die Verbotsverfügung hat der Verein auch an sämtliche Bundesligavereine, die Deutsche Fußball Liga (DFL), den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und die Regionalliga Nord, in der die Braunschweiger Amateure spielen, geschickt.
An alle Absprachen gehalten
Eine der Absprachen mit dem Verein habe darin bestanden, dass sich die Gruppe vor jedem Spielbesuch beim Verein melden müsse – zu ihrer eigenen Sicherheit. Dies sei auch vor dem Gastspiel in Mönchengladbach geschehen, wie der Sprecher betont. Er stellt die Frage: „Wieso kann eine Gruppe ein Verbot wegen fadenscheiniger Begründungen bekommen, während die nachweislich am Angriff beteiligten Gruppen weiterhin im Stadion herumturnen können?“
Beantworten könnte das vielleicht der Verein Eintracht Braunschweig, der jedoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war. Während sich die ersten User im Braunschweiger Internetforum hämisch freuen und die Entscheidung begrüßen, sind die Mitglieder von UB aufgelöst: „Wir können es alle gar nicht fassen, auch wenn wir von der Vereinsführung schon viel gewohnt waren“, so ihr Sprecher.
In der Bewertung der Vorgänge ist sich die Gruppe einig: „Der Verein versucht den Problemen mit rechtsextremen Tendenzen in Teilen der Fanszene aus dem Weg zu gehen, indem er die Personen, die sie thematisieren, aus dem Stadion verdrängt.“ Wie es nun für die Gruppe weitergeht, sei noch nicht entschieden. Aufgeben wollen sie aber nicht: „Auflösen werden wir uns auf keinen Fall“, ist sich der Sprecher sicher. Eintracht Braunschweig wird sich noch einige unangenehme Fragen stellen lassen müssen.
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